"Gender" auf die Agenda - EU-Projekt fördert Gleichstellung von Mann und Frau in Tschechien

Das englische Wort "Twinning" kommt von "Twin" - Zwilling. "Twinnings" sind Partnerschaften zwischen neuen und alten EU-Staaten. Erfahrene Experten helfen dabei den neu beigetretenen Ländern, EU-Richtlinien in die Praxis umzusetzen. Ein deutsches Team ist seit Mai in Prag, um die Gleichstellung von Mann und Frau im Arbeitsalltag zu fördern.

Mehr als die Hälfte aller Tschechinnen sind berufstätig (56 Prozent). Damit liegt Tschechien im europäischen Durchschnitt. Seit dem EU-Beitritt des Landes vor zwei Jahren gelten für Arbeitnehmerinnen hierzulande die gleichen europäischen Richtlinien wie für ihre Kolleginnen in Österreich oder Deutschland. So muss beispielsweise gleichwertige Arbeit von Männer und Frauen auch gleich entlohnt werden. Doch der Alltag sieht oft anders aus, weiß Heidemarie Wünsche-Pietzka. Sie leitet das EU-Projekt "Gender Equality" - was so viel bedeutet wie Gleichstellung von Mann und Frau. Wenn Tschechinnen zum Beispiel ungerecht entlohnt würden, könnten sie kaum beweisen, dass ihr männlicher Kollege mehr Geld verdient.

"Offensichtlich ist es die gängige Praxis, dass über Lohn oder Gehalt nicht gesprochen wird. Wer sich an diese Vereinbarung im Arbeitsvertrag nicht hält befürchtet Repressalien oder Nachteile."

So sei es in Tschechien nicht üblich, gegen ungleiche Löhne zu klagen. Auch die Gewerkschaften ziehen nicht, wie in Deutschland, vor Gericht. Frauen haben auf der Arbeit keine Ansprechpartner, Gleichstellungs- oder Frauenbeauftragte gibt es hierzulande nur in internationalen Konzernen.

"Um dazu zu ermuntern, sich gegen ungleiche Löhne zu wehren, haben wir eine Informationskampagne erarbeitet. Wir empfehlen unseren tschechischen Partnern informativ in den tschechischen Medien tätig zu werden",

Foto: Europäische Kommission
sagt Gundel Köbke, die Kommunikationsexpertin des Projektes. Zudem informieren die deutschen Fachleute in sechs Workshops über gleiche Bezahlung von Männern und Frauen, Elternzeit für Väter und berichten, wie eine geschlechtergerechte Stellenausschreibung aussieht. Tschechische Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Gewerkschafter und Vertreter von Ministerien und Nichtregierungsorganisationen erfahren außerdem, wie andere EU-Länder die Gleichstellung der Geschlechter in politische Entscheidungen einbeziehen. Denn in Tschechien finde das Thema bei Politikern noch zu wenig Beachtung, so Projektleiterin Wünsche-Pietzka. Die Einstellung von Männern gegenüber arbeitenden Frauen sei jedoch in Deutschland und Tschechien die gleiche, glaubt sie.

"Die Machos finden wir überall und auch diejenigen, die aus absolut feministischer Perspektive nur die Benachteiligung von Frauen sehen. Aber den Mittelweg zu finden, das ist die Frage, mit der wir konfrontiert sind."