Generalstreik gegen Sparpaket? Gewerkschaften in Tschechien verstärken Druck auf Regierung
Die Gewerkschaften in Tschechien verstärken ihren Druck auf die Regierung wegen des geplanten Konsolidierungspakets. Der wichtigste Gewerkschaftsdachverband hierzulande hat nun einen nationalen Streikausschuss eingerichtet und Proteste für die letzte Juni-Woche angekündigt.
Nachdem die Regierung in der ersten Maihälfte ihren Plan zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen und zur Änderung des Rentensystems vorgelegt hatte, rief der größte Gewerkschaftsdachverband ČMKOS (Českomoravská konfederace odborových svazů) zunächst die Streikbereitschaft aus. Nun wurde auch ein Streikausschuss eingerichtet. Laut Josef Středula, dem Vorsitzenden des Gewerkschaftsdachverbandes, bedeutet dieser Schritt zwar nicht direkt die Vorbereitung eines Generalstreiks. Aber niemand werde ihn sagen hören, dass die Gewerkschaften dieses Instrument von Vornherein ausschließen wollten, so Středula.
Der Arbeitnehmervertreter bezeichnete die Einrichtung des Streikausschusses als Eintritt in „eine neue Phase“ an warnenden Aktionen. Zum einen soll der Ausschuss angedachte landesweite Proteste koordinieren, zum anderen planen die Mitgliedsverbände des ČMKOS jeweils eigene Aktionen für die letzte Juniwoche.
Die Gewerkschafter sind mit mehreren Maßnahmen aus dem Konsolidierungspaket nicht einverstanden. Vor allem kritisieren sie die Änderungen in der Mehrwertsteuer und die Abschaffung von Steuererleichterungen bei Sachleistungen für Arbeitnehmer. Deswegen drängt der Dachverband auf Gespräche mit Regierungsvertretern über den Zuschnitt der Sparmaßnahmen, mit denen das Kabinett die Staatsfinanzen wieder in Griff bekommen möchte.
Arbeits- und Sozialminister Marian Jurečka (Christdemokraten) ist bereit zu verhandeln, aber er kann sich nur kleinere Anpassungen noch vorstellen. Für grundlegende Änderungen sieht Jurečka keinen Grund:
„Tschechien hat die niedrigste Arbeitslosenquote innerhalb der EU. Im ersten Quartal wurden die Löhne dieses Jahres erhöht, die Versicherungsabgaben sind um 10,5 Prozent gestiegen. Und die Firmen kündigen klar an, sie wollen weiter Arbeitnehmer einstellen. Wer gesund ist und Arbeit finden will, wird diese auch finden.“
Die Gewerkschaften fordern außerdem eine außerordentliche Sitzung der Sozialpartner. Ihren Vorstellungen nach soll diese im Juni stattfinden, also noch bevor das Abgeordnetenhaus mit den Beratungen über das Konsolidierungspaket beginnt. Das Treffen der Vertreter von Gewerkschaften, Arbeitgebern und der Regierung muss vom Premier einberufen werden. Petr Fiala (Bürgerdemokraten) hat jedoch bereits erklärt, dass sein Kabinett das Paket nicht ändern werde – zumindest nicht wesentlich:
„Wir sind bereit zu diskutieren und Punkte nachbessern, in denen wir Fehler gemacht haben. Wir sind aber nicht bereit, dem Druck nachzugeben.“
Die Regierung hat Mitte Mai ihr Sparpaket vorgestellt, mit dem das Haushaltsdefizit im kommenden Jahr um 94 Milliarden Kronen (knapp vier Milliarden Euro) verringert werden soll. Zu den Maßnahmen gehören ab kommendem Jahr Kürzungen bei staatlichen Subventionen, die nicht zum Bereich Investitionen gehören, und bei Gehältern. Zudem sind einige Steuererhöhungen geplant. So sollen unter anderem die unteren beiden Sätze der Mehrwertsteuer von 10 und 15 Prozent zu einem einzigen zwölfprozentigen zusammengeführt werden, der obere Satz von 21 Prozent bleibt bestehen.