Gesundheitsminister initiiert breitere Diskussion über Corona-Maßnahmen

Jan Blatný (Foto: ČTK/Kateřina Šulová)

Seit vergangenem März ist Tschechien wegen der Corona-Pandemie im Dauer-Krisenmodus. Mehrfach hat die politische Opposition dabei kritisiert, dass die Regierung um Premier Babiš notwendige Diskussionen abwürge und die Lage teils missbrauche, um eigene Interessen durchzusetzen. Gesundheitsminister Blatný hat nun ein Beratungsgremium zur Corona-Lage geschaffen, in dem auch Oppositionspolitiker und Interessensvertreter ihre Anmerkungen einbringen können.

„Die Idee zu diesem Projekt hatte ich schon bei meinem Amtsantritt als Minister. Das Beratungsgremium brauchen wir vor allem, um eine Diskussion innerhalb des gesamten politischen und wissenschaftlichen Spektrums zu führen“, so Gesundheitsminister Jan Blatný (parteilos).

Das Gremium trägt den sperrigen Namen „Rada pro řízení nemoci covid-19“, oder auf Deutsch: „Rat zur Steuerung der Covid-19-Erkrankung“. Dort sitzen Abgeordnete aller Parlamentsparteien, aber auch Vertreter von Handelskammer, Industrie- und Handelsverband oder der Ärztekammer. Am Donnerstag kam man zum ersten Mal zusammen. Jan Blatný:

„Ich möchte, dass die Entscheidungen des Gesundheitsministeriums in Übereinstimmung mit allen Parteien stehen und nach deren Anhörung erfolgen. Denn ich halte die Meinung jedes Experten für wichtig und will mir nicht die alleinige Wahrheit anmaßen.“

Martin Kupka  (Foto: Archiv ODS,  CC BY 2.0)

An der ersten Sitzung des neuen Rates nahmen auch Mitglieder des sogenannten Anticovid-Teams teil. Dieses wurde von der konservativen Opposition aus Bürgerdemokraten, Christdemokraten und der Partei Top 09 aufgebaut. Man habe eine Liste von Empfehlungen abgegeben, sagte der bürgerdemokratische Vizevorsitzende Martin Kupka:

„Wir halten es für wichtig, dass in Tschechien schneller geimpft wird, als dies Minister Blatný angekündigt hat. Auf der anderen Seite begrüßen wir, dass das Gesundheitsministerium bereits auf einen unserer Vorschläge eingegangen ist. So sollen die niedrigsten beiden Stufen im Corona-Risikostufensystem nicht vom Notstand abhängig sein.“

Kupka sprach damit zwei derzeitige Diskussionsthemen rund um Corona an. Zum einen hat Gesundheitsminister Blatný am Dienstag die tschechische Impfstrategie bei einer Pressekonferenz vorgestellt. Dabei sagte er, dass man bis Ende des Sommers die Hälfte der tschechischen Bevölkerung immunisieren wolle. Das hält die Opposition jedoch für zu langsam, wobei unter anderem auf Israel verwiesen wird. Immerhin verbindet Tschechien und den jüdischen Staat eine strategische Partnerschaft. Man könnte also voneinander lernen. Allerdings droht auch schon das aktuell angepeilte Ziel viel zu ambitioniert zu sein. So vermissen Fachleute einen Plan zum Aufbau von Impfzentren.

Foto: ČTK/Dalibor Glück

„Wenn wir von April bis Juli im Monat bis zu zwei Millionen Dosen Impfstoff erhalten, dann werden die Kapazitäten in den Krankenhäusern nicht mehr ausreichen“, warnte der ehemalige Gesundheitsminister Roman Prymula und heutige Berater von Premier Andrej Babiš (Partei Ano).

Das andere Thema betrifft die Verlängerung des Notstands. Dieser gilt bisher bis 22. Januar. Da die Corona-Lage in Tschechien aber immer noch sehr angespannt ist, will Babiš das Abgeordnetenhaus darum bitten, den Notstand um weitere 30 Tage zu verlängern. Oppositionspolitiker zweifeln indes daran, dass die Maßnahmen gegen die Pandemie nur auf diese Weise durchgesetzt werden können. Und Gesundheitsminister Blatný möchte ihnen da nun entgegenkommen. So soll wenigstens bei einer relativ guten epidemiologischen Lage keine Ausrufung des Notstands mehr nötig sein. Allerdings muss über diese Änderung im Corona-Risikostufensystem (PES) erst noch die Regierung abstimmen.