Getreide aus der Ukraine: Tschechien positioniert sich weiter gegen ein Einfuhrverbot

Vergangene Woche hat Russland das Getreideabkommen mit der Ukraine auslaufen lassen. Nun herrschen in einigen EU-Ländern erneut Bedenken, dass sie die Lieferungen ukrainischer Ware abfangen müssen und somit die einheimischen Produzenten weniger Absatz haben. Tschechien spricht sich in dieser Diskussion – ähnlich wie etwa Deutschland – gegen ein Einfuhrverbot in die EU aus.

Am Dienstag diskutierten die EU-Landwirtschaftsminister in Brüssel darüber, wie der Export ukrainischen Getreides nicht in den europäischen Ländern enden, sondern bis in den Globalen Süden weiter führen könnte. Der Seeweg über das Schwarze Meer wird nach dem Auslaufen des Getreideabkommens Anfang vergangener Woche wieder von Russland kontrolliert und auch bombardiert. Also suchen die EU-Länder gemeinsam mit der Ukraine nach Alternativrouten über Schiene, Landweg oder auch Flüsse wie die Donau.

Marek Výborný,  der tschechische Landwirtschaftsminister | Foto:  Tschechischer Rundfunk

Diese sollen in Europa aber hauptsächlich dem Transit dienen. Derzeit gelangt das Getreide aus der Ukraine allerdings oft nicht über den EU-Markt hinaus. In Tschechien schlage dies jedoch kaum zu Buche, wie Landwirtschaftsminister Marek Výborný (Christdemokraten) in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks darlegte:

„2022 wurden bei einem Durchschnittsverbrauch von fünf Millionen Tonnen Getreide in Tschechien nur 9000 Tonnen aus der Ukraine importiert. Das ist ein absolutes Minimum. Und natürlich wurde diese Einfuhr auch kontrolliert, wobei es nicht einen einzigen Fund von erhöhten Schadstoffanteilen wie etwa Pestiziden gab.“

Allerdings sei Tschechien in Bezug auf Getreide vollkommen autark und habe eigentlich keinen Platz für ukrainische Ware, fügte Výborný hinzu. Damit argumentieren auch Polen, die Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien, in denen noch bis 15. September ein Einfuhrverbot für ukrainisches Getreide gilt. Dies wollen die Anrainerstaaten nun bis Jahresende verlängern.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisiert die Pläne scharf. Jan Doležal, Präsident der tschechischen Agrarkammer, meint hingegen, dass sich Tschechien diesem Verbot anschließen solle:

Wolodymyr Selenskyj | Foto:  Tschechisches Fernsehen,  ČT24

„Die sogenannten Solidaritätskorridore funktionieren leider nicht wie gedacht. Das ukrainische Getreide gelangt nicht bis in die Häfen der Drittweltländer, sondern landet auf dem europäischen Markt. Dieser verfügt an sich schon über einen Überschuss und ist zudem auf den Getreideexport ausgerichtet. Darum meinen wird, dass Tschechien und eventuell auch weitere EU-Länder sich dem Einfuhrverbot anschließen sollten.“

Dies ist aber nicht die Position der tschechischen Regierung. Diese nimmt vielmehr eine ähnliche Haltung ein wie etwa Deutschland oder Frankreich und will die Getreideeinfuhr aus der Ukraine in die EU nicht blockieren. Vielmehr müssten die bestehenden sogenannten Solidaritätskorridore gesichert werden, so Landwirtschaftsminister Výborný:

„Es gibt eine ganze Reihe an Möglichkeiten. Dabei steht nicht nur der Transport durch Polen zur Ost- oder Nordsee nach Deutschland zur Debatte, sondern etwa auch über die Donau. Und dies, obwohl dies angesichts der russischen Angriffe auf die Getreidelager der Ukraine schwierig erscheint, weil sich die Lager nur wenige Kilometer von der Grenze zu Rumänien befinden.“

Immer wieder werden bei dem Thema auch Forderungen nach Ausgleichszahlungen seitens der EU an benachteiligte Landwirte in den Mitgliedstaaten laut. Dazu kommentierte Agrarkammerpräsident Doležal:

„Dies geschieht tatsächlich schon – aber nur in jenen Ländern, die einseitig ein Einfuhrverbot für Getreide aus der Ukraine verkündet haben. Tschechien hat sich dem nicht angeschlossen, und darum haben wir auch keinen Anspruch auf Kompensationszahlungen für unsere Landwirte.“

Dem widerspricht Minister Výborný:

„Vor 14 Tagen hat die Europäische Kommission ein drittes Hilfspaket in Höhe von 330 Millionen Euro genehmigt. Die Gelder werden nicht pauschal verteilt, sondern eben anhand der Bedrohungslage für die Landwirte in den einzelnen Mitgliedstaaten. Auch Tschechien hat dabei 160 Millionen Kronen (6,7 Millionen Euro, Anm. d. Red.) bekommen. Wir haben bereits beschlossen, sie an jene Landwirte weiterzugeben, die derzeit die höchsten Verluste haben.“

Damit würde auch in Tschechien jenen Landwirten geholfen, die die Folgen des Krieges in der Ukraine sowie des erhöhten Getreideimports zu spüren bekämen, betont der Minister.

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