Gewerkschaften: höhere Löhne, kürzere Arbeitszeit

Rund 1300 Gewerkschafter haben sich in Prag getroffen (Foto: ČTK / Michal Krumphanzl)

Rund 1300 Gewerkschafter haben sich am Dienstag in Prag getroffen. Es geht um die angehenden Tarifgespräche. Bei der Konferenz einigten sich die Arbeitnehmervertreter auf einige konkrete Forderungen.

Rund 1300 Gewerkschafter haben sich in Prag getroffen  (Foto: ČTK / Michal Krumphanzl)
Bei der Firma Automotive Lighting wird Lichttechnik für Fahrzeuge gefertigt. Doch die Gewerkschafter dort sind erbost, weil die Unternehmensführung mit ihnen bisher nicht über Tariferhöhungen verhandeln will. Petr Fous leitet den Betriebsrat in dem Unternehmen aus Jihlava / Iglau. Gegenüber dem Tschechischen Fernsehen sagte er:

„Seitdem die neue Führung vor vier Jahren das Unternehmen übernommen hat, gab es keine allgemeine Lohnerhöhung. Deswegen haben qualifizierte Mitarbeiter begonnen zu kündigen.“

Dies ist einer der Fälle, warum der Gewerkschaftsdachverband ČMKOS nun für die anstehende Tarifrunde seine Forderungen konkretisiert hat. Die Empfehlung für die 29 Mitgliedsorganisationen lautet, für das kommende Jahr sieben bis neun Prozent Lohnanstieg zu fordern. Der ČMKOS begründet dies zum einen mit der guten Konjunktur. Zum anderen folgt das aus einer laufenden Kampagne des Verbandes gegen billige Arbeit.

Ladislav Minčič  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Von den Arbeitgebern kommen bisher unterschiedliche Reaktionen. Ladislav Minčič leitet bei der Tschechischen Handelskammer den Bereich „Recht und Wirtschaftsanalyse“:

„Hier rennen die Gewerkschaften vielleicht sogar offene Türen ein. Die Löhne werden ohnehin derzeit durch die Lage auf dem Arbeitsmarkt nach oben getrieben. So fehlen Arbeitskräfte, während zugleich die Nachfrage und die Zahl der Aufträge wachsen.“

Zugleich hat die Handelskammer in einer Studie die Lage ermittelt. Demnach werden die schnell steigenden Löhne mittlerweile für die Firmen zum Problem. Sie würden die Möglichkeiten zu Investitionen einschränken, heißt es. Die Handelskammer rät daher zu Vorsicht bei den Tarifforderungen.

Martin Fassman  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Die Gewerkschaften haben sich aber auch mittelfristige Ziele gesteckt. Dazu gehört eine Kürzung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 37,5 Stunden:

„Die Tschechen arbeiten aufs Jahr gesehen fast am meisten innerhalb der EU, und zwar rund 1770 Stunden. Die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt baut hingegen Druck auf, die Arbeitszeiten zu verlängern. Deswegen ist dies eine wichtige Forderung“, so Martin Fassman, Chefökonom des ČMKOS.

Zum Vergleich: Deutsche Vollzeitbeschäftigte verbrachten 2017 nur knapp 1660 Stunden in der Arbeit, wie die gewerkschaftsnahe Böckler-Stiftung errechnen ließ.

Auf der anderen Seite haben hierzulande bereits drei Viertel der Firmen die 37,5-Stunden-Woche eingeführt. Deswegen glauben die Gewerkschafter, dass sich die Arbeitszeitverkürzung in drei bis fünf Jahren auch in den anderen Betrieben durchsetzen lassen müsste.

Josef Středula  (Foto: ČTK / Michal Krumphanzl)
Ebenfalls in Richtung weniger Arbeitszeit weist ein weiteres Vorhaben. So will der ČMKOS, dass landesweit in den Tarifverträgen fünf Wochen Jahresurlaub festgeschrieben werden. Josef Středula ist Vorsitzender des Dachverbandes:

„Unsere Argumente lassen sich mit den Zahlen dazu stützen, in wie vielen Firmen bereits fünf Wochen Urlaub angeboten werden. Deswegen dürfte es leicht sein, sich darauf zu einigen, dies für alle Beschäftigten einzuführen.“

Außerdem fordern die Arbeitnehmervertreter mehr Sicherheit am Arbeitsplatz. Laut ihren Erhebungen sind zwei Millionen Beschäftigte in Tschechien entweder Lärm, Hitze oder Strahlungen ausgesetzt. Das heißt, die Hälfte der Angestellten kämpft mit Risikofaktoren. Das müsse sich ändern, hieß es am Dienstag in Prag.