Gewerkschaften planen ersten ganztägigen Streik seit 1989

Jaroslav Zavadil (Foto: ČTK)

Tschechien ist in den letzten 20 Jahren ein ruhiges Land gewesen, nimmt man die Gewerkschaftsstreiks als Maßstab. Doch im Dezember wollen die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in den Ausstand treten - aus Protest gegen die Lohnkürzungen, die die Regierung plant.

In den letzten Wochen hatten sich Gewerkschaftsvertreter und Vertreter der Mitte-Rechts-Regierung immer wieder getroffen, um über die geplanten Lohnkürzungen zu verhandeln. Doch die Gespräche sind gescheitert. Vergangene Woche verabschiedete das Abgeordnetenhaus dann das Sparpaket der Regierung. Dies sieht unter anderem vor, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst zehn Prozent weniger Lohn erhalten und in Zukunft nicht nach Dienstjahren, sondern nach ihrer Arbeitsleistung bemessen werden.

Die Gewerkschaften im öffentlichen Dienst halten das für falsch. Rund 600.000 Beschäftigte sind deswegen aufgerufen, in den Ausstand treten. Jaroslav Zavadil, der Chef des Gewerkschaftsdachverbandes ČMKOS, blieb am Montag bei einer Pressekonferenz jedoch sparsam mit Details:

Jaroslav Zavadil  (Foto: ČTK)
„Der Streik wird am 8. Dezember abgehalten, dies ist ein Mittwoch. Es ist ein ganztägiger Streik. Über technische Einzelheiten werden wir noch weiter verhandeln.“

Auch ohne die weiteren technischen Einzelheiten zu kennen ist bereits jetzt klar: Gleich einen ganzen Tag gestreikt haben die Beschäftigten hierzulande letztmals im November 1989. Also zu Revolutionszeiten. Die Gewerkschaften begründen den jetzigen Streik damit, dass die Regierung den Dialog verweigere. Diesen Vorwurf gab Premier Petr Nečas am Montag an die Gewerkschaften zurück: Sie hätten jegliche Änderungen bei den Löhnen abgelehnt. Zugleich sagte Nečas:

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
„Alle Beschäftigten in diesem Land - ob im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft - würden draufzahlen, wenn die Regierung von ihrem Sparvorhaben Abstand nähme. Das würde zu einer schlechteren Stellung der Tschechischen Republik auf den Finanzmärkten führen, zu einem schlechteren Rating und zu höheren Zinsschulden. Und das würden genau die Beschäftigten bezahlen, die jetzt streiken wollen.“

Außerdem stünde Tschechien mit den Kürzungen im öffentlichen Sektor nicht allein. Fast überall in der EU würde gekürzt, von Griechenland, über Spanien und Großbritannien, bis zum Nachbarland Polen.

Bei der Gewerkschafter-Pressekonferenz sagte indes Zavadil, dass es bei den Streichungen im Haushalt nicht nur auf das Ob, sondern auch auf das Wie ankomme. Er verglich:

„Ich war vergangene Woche in Österreich bei Gesprächen in der Gewerkschaftszentrale. Die österreichische Regierung löst das auf beiden Seiten. In Zahlen ausgedrückt, zu vier Neunteln werden die Einnahmen erhöht und zu fünf Neunteln die Ausgaben reduziert. Das will unsere Regierung aber absolut nicht.“

Steuererhöhungen sind für die tschechische Regierung tatsächlich ein rotes Tuch. Obwohl also die Stimmung im Keller ist, will Premier Nečas den sozialen Dialog nicht abbrechen. Es gäbe eine ganze Reihe weiterer Themen, über die geredet werden müsse, so der Premier im Hinblick auf bevorstehende Reformen.