Glaube keiner Statistik, die Du selber nicht gefälscht hast

Photo: European Commission

Wie ist die Einstellung der Tschechen zu der Europäischen Union ein Jahr nach dem EU-Beitritt, das verrät Ihnen Bara Prochazkova:

"Die Mehrheit der Tschechen möchte nicht, dass sich die Europäische Union auch zu einer tiefgründigen politischen Union entwickelt", schrieb die tschechische Nachrichtenagentur CTK am vergangenen Mittwoch. Fünf Tage vor der Veröffentlichung dieser Meldung ging über den Presseverteiler der genannten Nachrichtenagentur die folgende Nachricht: "Tschechen für eine erweiterte und vertiefte Europäische Union". Also, was denn nun jetzt! Beides waren die Ergebnisse von Umfragen, die positive - wie nicht anders zu erwarten - vom Eurobarometer, die mit dem widersprüchlichen Ergebnis vom tschechischen Meinungsforschungsinstitut STEM. Sowohl beim ersten als auch beim zweiten Ergebnis äußerten sich Experten zu der einen wie auch der anderen Statistik - einer fundierter als der andere, und selbstverständlich "haben alle gerade diese Entwicklung ein Jahr nach dem EU-Beitritt erwartet."

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Wenn ich also die Arbeit der Meinungsforschungsinstitute nicht in Frage stellen möchte, und das möchte ich gewiss nicht, bleibt mir nichts anderes übrig, als die Gründe für die Ergebnisse in der tschechischen Bevölkerung zu suchen - also entweder dumm oder extrem schlau sind sie, die Tschechen! Ersteres würde heißen, dass die Befragten nicht wussten, was eigentlich Sache ist. Die Fragen waren zu kompliziert und um sich nicht zu blamieren - denn ich kann doch nicht laut zugeben, dass ich nicht weiß, was die EU eigentlich ist - haben die angesprochenen Respondenten einfach willkürlich geantwortet. Oder die Tschechen sind ein extrem schlaues Volk und wissen wohl, dass es besser ist, die beiden wichtigsten Staatsmänner des Landes zufrieden zu stellen. Denn die Streitereien nehmen kein Ende - früher bekam man die Post in den Briefkasten vor der Haustür, neuerdings gelangt die Korrespondenz von der Prager Burg bis in die Regierungsvilla über die britische Insel. Staatspräsident Vaclav Klaus veröffentlicht regelmäßig Artikel gegen die Vertiefung der Europäischen Integration, zuletzt in der Zeitung "Financial Times", und Ministerpräsident Jiri Paroubek antwortet dann in der tschechischen Tageszeitung "Pravo".

Dass der Streit dieser beiden tschechischen Politiker einen Einfluss auf den Eurooptimismus beziehungsweise Europessimismus der Bürger hat, kann allerdings nicht bewiesen werden. Jeder vierter Anhänger der pro-europäischen Sozialdemokraten hat angegeben, er sei für eine Vertiefung der europäischen Integration, ebenso wie jeder fünfte Konservative. Die Bürgerdemokraten haben jedoch den Europessimismus zu ihrem Markenzeichen gemacht.

Egal, ob ich nun dafür oder dagegen bin, so muss ich als Politiker meinen Standpunkt den Bürgern vermitteln können. Denn wofür oder wogegen bin ich denn eigentlich? Und das ist der Knackpunkt! Wie das Meinungsforschungsinstitut STEM vor kurzem festgestellt hat, wisse die absolute Mehrheit der Tschechen nicht, wie die EU eigentlich funktioniert. Sie darüber zu informieren, das wäre vielleicht ein guter Anfang.

Also was wissen wir am Ende über die Einstellung der Tschechen zur Europäischen Union? Gar nichts!