Glücklich heimatlos - neues Buch von Jiri Grusa
Der mittlerweile ehemalige Botschafter der Tschechischen Republik in Österreich, Jiri Grusa, zuvor auch Botschafter in Deutschland, Schulminister und Politiker - das alles aber erst nach der Wende 1989, vor diesem Wendejahr hingegen vor allem Dichter und Schriftsteller, der mehrere Jahre als Dissident und schließlich auch als Emigrant in Deutschland verbracht hat. Vor kurzem ist Grusa aus dem Amt als Botschafter in Wien geschieden, um kontinuierlich in ein neues einzusteigen: Bereits im November des Vorjahres wurde er in Mexico-City zum Präsidenten des Internationalen Pen-Klubs gewählt. Kaum anders konnte Jiri Grusa zwischen dem nunmehr beendeten und dem erst beginnenden Kapitel seiner Laufbahn einen Bindestrich setzen als mit einem neuen Buch. Dieses hat er vergangene Woche im Beisein des österreichischen Botschafters, Klaus Daublebsky, im Österreichischen Kulturforum in Prag vorgestellt. Jitka Mladkova war dabei und bat Jiri Grusa ans Mikrophon:
"Weil ich diese Betonung der Heimat, die aus der europäischen Mitte kommt, ein bisschen ironisiere. Denn die Heimat, nach meiner Erfahrung, nachdem ich sie gezwungenermaßen verloren habe und anderswo lebte und sogar in einer anderen Sprache schrieb, wurde für mich zu einem breiteren Begriff und Gebiet. Das scheint mir auch für die Kooperation der Heimaten in Europa für die Zukunft das Wichtigste. Deswegen ist das Bisschen Ironisieren hier und es orientiert sich mehr an dem tschechischen "Heimatfilm" als an dem deutschen, und so bin ich gespannt, was mir meine Tschechen jetzt wieder schreiben werden, welche Briefe ich bekommen werde."
"Bei dieser Art "Feeling" sind Sie trotzdem, oder doch glücklich!"
"Ja, natürlich. Ich kann jetzt sagen, dass das Leben in einem Weltdorf eigentlich lustiger ist als in einem böhmischen."
"Ihr neues Buch kenne ich noch nicht. Können Sie es bitte für unsere Hörer kurz charakterisieren?"
" Das ist keine Belletristik, es geht um Essays, geschrieben während meiner Zeit als Botschafter zu bestimmten Gelegenheiten. Das Buch ist mehr philosophisch, historisch, politisch, ironisch, und es gibt in dem Buch auch zwei zu diesem Anlass geschriebene biographische Texte."
"Herr Botschafter Daublebsky hat in seiner Rede festgestellt, dass Sie im Leben mehrere neue Heimaten gewonnen und die tschechische Heimat zurück gewonnen haben. Wo fühlen Sie sich eigentlich zu Hause, und gleich frage ich auch: Fühlen Sie sich als Tscheche, als Deutscher, als Weltbürger oder als Europäer?"
"Das ist keine leichte Frage. Ich bin also eindeutig tschechischer Literat, der deutsch schreibt. Dazu gibt es eine wunderschöne Anekdote: Man fragte einen Herrn Kohn in der kommunistischen Ära bei uns, als er mal nach London und wieder zurück, dann nach Israel und wieder zurück reiste, und dann nach Prag kam: Wo sind Sie eigentlich zu Hause, wo gefällt´s Ihnen wirklich? Und Herr Kohn hat genial geantwortet: Unterwegs. Und das ist auch meine Antwort."
"Auch in Ihnen ist eine Portion von einem Tschechen gebleiben, obwohl sie auch andere Dimensionen gewonnen haben. Was ist das in Ihnen, was Sie von den Tscehchen nicht unterscheidet?"
"Dass man sich nicht so ernst nimmt!"