Rundes Jubiläum: Jiří Gruša wird 70 Jahre alt
Schriftsteller, Dichter, Übersetzer, Dissident, Emigrant, Diplomat und Politiker – das sind die elementarsten Eckdaten von Jiří Gruša. Am 10. November jährt sich zum 70. Mal sein Geburtstag.
Kurz gefasst, Jiří Gruša, derzeit Direktor an der Diplomatischen Akademie Wien und Präsident des internationalen PEN-Clubs ist ein Mann mit einem enormen Aktionsradius. Nach der Unterzeichnung der Charta 77 kam der Autor von regimekritischen Publikationen wiederholt in Konflikt mit der kommunistischen Macht. Als er 1978 inhaftiert wurde, setzte sich unter anderem Heinrich Böll für seine Freilassung ein. 1981 wurde Gruša gegen seinen Willen ausgebürgert.
Nach dem Wendejahr 1989 hat er sich vor allem um die Verbesserung der tschechisch-deutschen Beziehungen bemüht. In den Jahren 1991 bis 1997 hatte er dazu als tschechoslowakischer und anschließend als tschechischer Botschafter in Deutschland gute Gelegenheit. Gegen Ende seiner Amtszeit ist der tschechisch-deutsche Versöhnungsvertrag nach langen Verhandlungen unterschrieben worden. Danach war er sechs Jahre tschechischer Botschafter in Österreich. Im Laufe der Zeit hat er aber auch weiter Bücher veröffentlicht, sogar auf Deutsch. Er sei eindeutig ein tschechischer Literat, der deutsch schreibt, sagte er 2004 gegenüber Radio Prag, als sein Buch mit dem Titel „Glücklich heimatlos“ erschien. Diesen leicht ironischen Titel hat er folgendermaßen erklärt:
„Die Heimat wurde nach meiner Erfahrung, - nachdem ich sie gezwungenermaßen verloren habe und anderswo lebte, und sogar in einer anderen Sprache schrieb, - für mich zu einem breiteren Begriff und Gebiet. Das scheint mir auch für die Kooperation meiner Heimaten in Europa in Zukunft das Wichtigste.“
Seine tschechische Heimat besucht Jiří Gruša immer wieder aus verschiedenen Anlässen. So war es auch zum Beispiel beim diesjährigen Schriftstellerfestival in Prag, das dem 40. Jahrestag des Prager Frühlings und dessen Niederwalzung durch Sowjetpanzer gewidmet war. Als Zeitzeuge und Kenner, auch der schlechten Zeiten, sagt er immer offen seine Meinung. So auch auf die Frage, warum die Kommunisten hierzulande die drittstärkste Partei sind:
„Wir sind eine dumme Nation, die einzige Nation der Welt, die sich einen Sozialismus sowjetischer Prägung mit dem Stimmzettel in der Hand ins Haus holte. Das ist unsere alte Tradition. Ich wundere mich daher nicht.“
An dieser Stelle kann man kaum alle außergewöhnlichen Leistungen des Weltenbürgers Jiří Gruša nennen. Er wurde mehrfach ausgezeichnet. 2006 auch mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland.