Glücksspiel-Paradies Tschechien: Brüssel fordert von Prag strengere Gesetze

Es sind vor allem Städte wie Las Vegas oder Monte Carlo, die als internationale Glücksspielmetropolen gelten. Doch mitten in Europa gibt es, ein wenig abseits vom Jet-Set, noch ein weiteres Paradies für Zocker - und vor allem für die, die an den Zockern verdienen: Die Rede ist von der tschechischen Hauptstadt Prag. Gegen die laxen Gesetze vor Ort macht jetzt auch die Europäische Union mobil. Spätestens bis Oktober muss Tschechien die entsprechenden EU-Richtlinien umsetzen.

Jana Hybaskova  (Foto: Zdenek Valis)
Liberalisieren: so lautete Anfang der neunziger Jahre das Gebot der Stunde. Auch in der tschechischen Glücksspielindustrie war nach dem Sturz des kommunistischen Regimes zunächst einmal maximale Freiheit für Unternehmer angesagt. Geändert hat sich seither kaum etwas, die einschlägigen Gesetze gehören noch heute zu den tolerantesten der Welt. Für die Europaabgeordnete Jana Hybaskova ein unhaltbarer Zustand:

"In der Tschechischen Republik gibt es mehr Casinos, Lotterie- und Glücksspielgesellschaften als in der ganzen übrigen EU zusammen. Die rechtlichen Bestimmungen in diesem Bereich sind sehr schlecht. Das führt unter anderem dazu, dass hierzulande riesige Mengen von Schwarzgeld gewaschen werden", so Hybaskova.

Schätzungen gehen davon aus, dass jeder zehnte Tscheche Probleme hat, die direkt oder indirekt mit dem Glücksspiel in Verbindung stehen. Sogar für etwa 600 Selbstmorde pro Jahr wird das Zocken verantwortlich gemacht. Schärfere gesetzliche Bestimmungen werden dennoch nur schwer durchzusetzen sein, befürchtet Josef Novotny, Senator des tschechischen Parlaments.

"Die Glücksspielfirmen müssen 20 Prozent ihres Profits für gemeinnützige Zwecke abführen, und das nutzen sie natürlich aus. Sie stecken das Geld vor allem in Sportvereine, und die wiederum haben oft großen Einfluss in der Politik. Es ist ein Teufelskreis. Die Stiftungen, über die die Gelder fließen, dienen eigentlich dazu, sich die öffentliche Meinung zu kaufen. Der einfachste Weg dorthin führt über die Finanzierung von lokalen Sportklubs oder Sozialeinrichtungen. Ich bekomme sogar Briefe, in denen ich aufgefordert werde, das Glücksspiel in keiner Weise zu beschränken, weil ansonsten die Grundschule, die Feuerwehr oder der örtliche Sportverein in Gefahr wäre."

Die EU-Bestimmungen sprechen aber eine andere Sprache. Eigentümer, Manager und Besucher von Casinos sollen demnach stärker kontrolliert werden, die Finanzen der Spieltempel sowieso. Bis Oktober muss Tschechien all dies in die eigene Rechtsordnung übernehmen, ansonsten drohen Sanktionen. Die Zeit wird knapp. Erst vor wenigen Wochen hat der tschechische Senat eine entsprechende Novelle des Glücksspielgesetzes abgelehnt.