Großregion Prag - Berlin: Mit Hochgeschwindigkeitszug an die Spitze Europas

Stanislaw Tillich und Petr Bendl bei der Unterzeichnung der Absichtserklärung im tschechischen Verkehrsministerium

Am Mittwoch kam der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich zu seinem Antrittsbesuch an die Moldau. Seine Agenda war lang und dicht bepackt; viele tschechische Spitzenpolitiker öffneten ihre Türen für den Gast aus dem Nachbarland. Aber vor allem stand das Thema Verkehrsausbau zwischen Sachsen und Tschechien ganz oben.

Die sächsisch-tschechische Absichtserklärung
„Das bleibt mein Geheimnis!“, lachte der sächsiche Ministerpräsident beim Pressegespräch in der Deutschen Botschaft in Prag. Warum er so gut Tschechisch spricht, ist dabei gar nicht so geheimnisvoll. Stanislaw Tillich ist sorbischer Nationalität. Zu den Tschechen hat er es also weder geografisch noch sprachlich weit.

Stanislaw Tillich und Petr Bendl bei der Unterzeichnung der Absichtserklärung im tschechischen Verkehrsministerium
Tillich – seit Mai vergangenen Jahres christdemokratischer Landesvater von Sachsen – schien entspannt, obwohl sein Antrittsbesuch in der Tschechischen Republik eine prall gefüllte Agenda hatte. Staatspräsident Klaus, Premier Topolánek, Außenminister Schwarzenberg, Bildungsminister Liška, Regionalminister Svoboda und Verkehrsminister Bendl - lang war die Liste der Adressen, die Tillich am Mittwoch ansteuerte. Als besonders bedeutend hob er die Gespräche über eine Hochgeschwindigkeitsstrecke der Bahn hervor, die von Prag über Dresden nach Berlin führen soll. Sachsen und Tschechien unterzeichneten dazu am Mittwoch eine Absichtserklärung:

Stanislaw Tillich mit Petr Bendl
„Unsere Zielstellung, die wir mit Herrn Bendl formuliert haben, ist, zu erreichen, dass die Bürger Prags und die Bürger Berlins zukünftig nur noch zwei Eisenbahnstunden auseinander liegen. Das ist ein Projekt, wo man dann mit durchschnittlich mit 200 Kilometern pro Stunde fahren muss. Und ich gehe davon aus, dass ein solches Projekt in den nächsten zehn Jahren umsetzbar ist“, so Ministerpräsident Tillich.

Die geplante Bahnverbindung sei für die Großregion zwischen Prag und Berlin wirtschaftlich äußerst wichtig. Man wolle die frühere Spitzenposition in Europa wieder herstellen, so Tillich:

„Diese Region war vor dem Zweiten Weltkrieg die Region mit dem höchsten Bruttosozialprodukt, und das ist auch das Ziel, wo wir wieder hinwollen.“

Sächsischer Ministerpräsident Stanislaw Tillich
Der Knackpunkt: Die Finanzierung auf tschechischer Seite ist laut Medienberichten mehr als unsicher. Die Strecke soll das Nadelöhr Elbtal entlasten und sich deshalb durch das Erzgebirge bohren. Eine teure Angelegenheit, wie auch Verkehrsminister Bendl weiß:

„Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Kosten mehrere Milliarden Kronen betragen werden. Darüber müssen wir intensiv mit dem Europäischen Parlament verhandeln.“

Petr Bendl
Welche Mittel also die EU besteuern wird, auch das ist eine offene Frage. Dazu muss die EU das Projekt als Priorität einordnen und zwar in ein transeuropäisches Schienennetz, das Nord- und Ostsee mit dem Schwarzen Meer und dem Mittelmeer verbinden soll.

„Die Entscheidung, die jetzt über die Einordnung getroffen wird, ist die strategische Orientierung für die nächsten 20 Jahre,“ sagte Ministerpräsident Tillich

Inwiefern die Absichten in die Tat umgesetzt werden können, das bleibt also abzuwarten.

Beschlossene Sache ist jedoch – und das ist ein weiteres Ergebnis des sächischen Antrittsbesuchs: An der Karlsbrücke soll das historische Gebäude des ehemaligen Lausitzer Priesterseminars in ein sächsich-sorbisches Haus umgewandelt werden. Eine Art inoffizielles Konsulat für alle gesellschaftlich-wirtschaftlichen Kontakte zwischen Sachsen und Tschechien.

Fotos: Autor