Günter Grass stellt in Prag seine Erinnerungen vor
Auf Günter Grass musste man in Tschechien lange Jahre warten. Zum letzten Mal ließ sich der deutsche Nobelpreisträger in Prag Anfang der neunziger Jahre sehen. Am Freitagabend hat er die tschechische Ausgabe „Beim Häuten der Zwiebel“ im Goethe-Institut in Prag vorgestellt.
„Ich bin gekommen, weil es eine tolle Möglichkeit ist, den weltbekannten Schriftsteller Grass hier live zu erleben. Ich bin aber ein bisschen enttäuscht, weil es hier nicht genug Plätze gibt. Wir wurden in einen anderen Saal ausgewiesen. Mit der Anmeldung hat das nicht geklappt, die Plätze wurden schnell besetzt und das stellte für mich Komplikationen dar“, das teilte dem Tschechischen Rundfunk ein Student mit.
Nach der Lesung konnte man Grass Fragen stellen. Ein Thema, das in Deutschland zur heftigen Auseinandersetzung mit dem Autor führte und das auch an dem Abend im Goethe-Institut angesprochen wurde, war die Grasssche Mitgliedschaft in der Waffen-SS. Was war für den siebzehnjährigen Grass am Nationalsozialismus so anziehend?„Wir kannten nichts Anderes. Und da war das, was die Jugendorganisation zu bieten hatte, sehr anziehend. Dieser verführerisch-demagogische Satz, der Hitler geprägt hat: Jugend muss von Jugend geführt werden, entsprach dem. Wie zum Beispiel mein Fähnlein-Führer, der war zwei Jahre älter als ich. Wir kamen aus der Enge unserer kleinbürgerlichen, proletarischen Verhältnisse heraus, es gab keine Klassenunterschiede. Es wurde uns etwas wie Volksgemeinschaft vorgespielt. Und wir machten mit. Das hat mit dazu beigetragen, dass ich wie viele meines Jahrgangs bis zum Schluss an den Endsieg geglaubt habe“, so Günter Grass.
Zur Sprache kamen auch andere Themen, seine Beziehung zu Tschechien, Prager Frühling, sogar auch seine Meinung zu der Radaranlage in Tschechien. Sie sei eine amerikanische Provokation gegenüber Russland.