Hans-Adam II. eröffnet Ausstellung in Prag: Klassizismus und Biedermeier aus Liechtenstein-Sammlungen

Franz Anton Zauner: Sitzstatue der Klio

Das Haus Liechtenstein gehört zu den ältesten Adelsfamilien in Europa. Jahrhunderte lang gehörten der Familie große Besitzungen auch in Mähren. Auch die Kulturlandschaft von Lednice / Eisgrub und Valtice / Feldsberg war bis 1945 im Besitz der Liechtensteins. Ihre Spuren hat die Adelsfamilie zudem in der tschechischen Hauptstadt hinterlassen: Zwei Palais auf der Prager Kleinseite tragen den Namen Liechtenstein. Neben den beiden Palais findet der Besucher jedoch seit vergangenen Mittwoch auf der Kleinseite zudem eine Ausstellung: Gezeigt werden fast 300 Werke aus der Zeit des Klassizismus und des Biedermeier, die aus den Sammlungen von Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein stammen.

Porträts-, Landschafts- und Genrebilder führender Wiener Künstler wird Peter Fendi, Friedrich von Amerling oder Ferdinand Georg Waldmüller. Daneben Architekturskizzen, Plastiken und wertvolle Stücke bemalten Wiener Porzellans sowie Möbel. Dies alles kann man in der Ausstellung bewundern, die die Rolle der Familie Liechtenstein als Mäzen, Auftraggeber und Kunstsammler belegt. Die Schau wurde von Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein persönlich eröffnet. Er bezeichnete die Ausstellung als ein Zeichen der wesentlich verbesserten Beziehungen zwischen Tschechien und Liechtenstein. Hans-Adam II. erklärte, er empfinde die Ausstellung als eine Rückkehr seiner Familie in die alte Heimat:

Ausstellung von Kunstwerken aus den Sammlungen des Fürsten Liechtenstein  (Foto: Martina Schneibergová)
„Es ist natürlich eine große Freude, dass es jetzt möglich ist. Viele haben daran mitgewirkt. Es war nur dank dessen möglich, dass wir unsere bilateralen Beziehungen normalisieren und wiederaufnehmen konnten, nachdem sie 1938 durch die Besetzung Böhmens und Mährens durch das Dritte Reich abgebrochen waren. Dies ist vielleicht ein Schritt zur weiteren Zusammenarbeit, die wir geplant haben. Es gibt verschiedene Projekte, die wir verwirklichen wollen. Ich freue mich, dass es jetzt möglich ist.“

Fürst Hans-Adam II. hat die ehemalige Tschechoslowakei schon vor der Wende besucht. Reiseziel war damals Südmähren.

Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein  (ganz links)  (Foto: Martina Schneibergová)
„Ich bin zum ersten Mal in den siebziger Jahren mit meiner Familie in Feldsberg / Valtice und Eisgrub / Lednice gewesen. Da haben wir Leute getroffen, die dort die Familie Liechtenstein noch erlebt haben. Auch vor kurzem sind wir Kindern von ehemaligen Angestellten begegnet. Das war eine Freude, sie wieder zu sehen.“

Tschechien und Liechtenstein haben erst voriges Jahr diplomatische Beziehungen wieder aufgenommen. Die Ursache der zuvor sehr kühlen Beziehungen war der Streit um die Konfiszierung des Eigentums der Fürstenfamilie. Das Eigentum der Familie Liechtenstein wurde in der ehemaligen Tschechoslowakei aufgrund der so genannten „Beneš-Dekrete“ 1945 vom Staat entschädigungslos konfisziert. Die Schlösser, Parks und Ländereien sind immer noch in tschechischem Besitz.

Thomas Ender: Der Golf von Sorrent
Die Ausstellung von Kunstwerken aus den Sammlungen des Fürsten Liechtenstein wurde vom Liechtenstein-Museum in Wien in der Zusammenarbeit mit dem Prager Kunstgewerbemuseum aufgebaut. Dem Direktor des Wiener Museums, Johann Kräftner, zufolge ist es die dritte große Ausstellung mit Werken aus den fürstlichen Sammlungen aus dieser wichtigen Epoche der mitteleuropäischen Kunstgeschichte:

Friedrich von Amerling: Porträt des späteren Fürsten Johann II. von Liechtenstein  (1840–1929) auf einem Schimmelpony
„Wir haben diese Biedermeiersammlung, die einen wichtigen Teil der Fürstlichen Sammlungen ausmacht, in den letzten Jahren systematisch aufgearbeitet. Mehrere Ausstellungen haben wir schon in Wien zu diesem Thema gemacht, vor allem über die Landschaftsgärten von Eisgrub und Feldsberg. Wir haben im Herbst eine Ausstellung in Moskau gemacht. Und es ist die Idee entstanden, dieses Thema auch in Prag zu präsentieren, weil Biedermeier hier eine ganz wichtige Rolle gespielt hat. Meine Idee war es, die Schau auf die Malerei zu fokussieren. In der Ausstellung, die in der Reitschule auf der Prager Burg zu sehen war, stand die Malerei nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Wir haben die Moskauer Ausstellung genommen und sie ganz intensiv umgebaut und erweitert - um Bestände, bei denen wir angenommen haben, dass sie Tschechen interessieren würden. Es gibt da viele Veduten von den tschechischen Besitzungen der Familie, die hier in den wunderbaren Gouachen von Runk beispielsweise dargestellt sind. Wir haben hier zum ersten Mal in unsere Porzellansammlung gegriffen und stellen sehr viel von unserer Sorgenthal-Porzellansammlung aus. Die Exponate stammen aus dieser Wiener Manufaktur und wurden Ende des 18. und am Anfang des 19. Jahrhunderts produziert.“

Ferdinand Georg Waldmüller: Rosen
Das Prager Kunstgewerbemuseum hat vor zwei Jahren eine große Ausstellung über den Biedermeier auf der Prager Burg gezeigt. Darum wurde das Museum vor einigen Monaten zur Mitarbeit an der Schau aufgefordert. Museumsleiterin Helena Koenigsmarková:

„Die Zeit für die Vorbereitung war relativ kurz. Zuerst hieß es, dass hier die Ausstellung gezeigt wird, die zuvor in Wien und in Moskau zu sehen war. Dann kam man auf die Idee, für Prag eine breitere Auswahl von Exponaten zusammen zu tragen. Wir können hier wirklich das Beste zeigen, was die Fürstlichen Sammlungen aus dieser Zeitepoche enthalten.“

In der Waldsteinschen Reitschule würden nicht nur Kunstwerke aus dem Museum in Wien gezeigt, sagt die Museumsleiterin.

Kaiserliche Porzellanmanufaktur: Tête-à-tête  (sechsteilig) mit Aussicht auf Wien von Schloss Belvedere aus
„Die Ausstellung konnte durch einige Gegenstände ergänzt werden, die vielleicht keine so große Rolle gespielt haben, die aber die Vorstellung von der Wohnkultur im 19. Jahrhundert gut vermitteln. Zu sehen sind hier einige historische Stühle und Tische und zudem natürlich viel Porzellan aus Wien.“

Das Interesse für die Biedermeier-Ausstellung, die das Kunstgewerbemuseum vor zwei Jahren veranstaltet hat, war recht groß. Ähnlich ist es auch jetzt. Gleich an den ersten Tagen wurde auch die neueste Schau über Klassizismus und Biedermeier gut besucht. Es scheint, dass diese kunstgeschichtliche Epoche heutzutage an Sympathien gewinnt.

Franz Anton Zauner: Sitzstatue der Klio
„Es ist dem wirklich so, viele Leute finden heutzutage die Biedermeier-Kunst sympathisch. Biedermeier ist ein bequemer Stil. Der Trend wiederholt sich. Am Anfang des 20. Jahrhunderts war Biedermeier auch gefragt. Die Bequemheit, Einfachheit, Schönheit der Dinge, die nicht übertrieben verziert sind, spricht Leute an. Auch die Motive der Gemälde unterscheiden sich vom Klassizismus. Themen der Bilder stammen aus der Familie, es werden keine antiken Helden mehr dargestellt. Am Ende des Klassizismus werden noch antike Gestalten gemalt, wie man sie auch in der Ausstellung noch sehen kann. Danach hatten sich aber die Themen der Kunst geändert.“

Die Ausstellung über Klassizismus und Biedermeier aus den Sammlungen des Fürsten Liechtenstein ist in der Waldsteinschen Reitschule bis zum 17. Oktober zu sehen.