Haushalt 2002
Haushaltsdebatten sind zumeist zähe und langwierige parlamentarische Verhandlungen. Im tschechischen Abgeordnetenhaus ging dieses Procedere am Freitag in seine 2. Runde. Olaf Barth berichtet.
Dabei konnten die Abgeordneten einzeln vortreten und ihre Forderungen bzw. die ihrer Wahlkreise unterbreiten. Und da in einem knappen halben Jahr hierzulande Parlamentswahlen stattfinden, war dies für viele Mandatsträger eine willkommene Gelegenheit, etwas zur Sicherung der eigenen Stellung, sprich für den Stimmenfang zu tun. So kann man sich vorstellen, dass die Ersuchen der einigen Dutzend Abgeordneten, die ans Podium traten, nicht gerade zurückhaltend ausfielen.
Der Schatztruhe des Herrn Finanzministers am massivsten zu Leibe rückte der Abgeordnete der Christdemokraten Miroslav Kalousek, der 1,5 Milliarden Kronen zur Verbesserung der Gehälter der Staatsbediensteten forderte.
Demgegenüber bescheiden aber nicht weniger spektakulär fiel das Gesuch des ODS-Abgeordneten Jaroslav Plachy aus, der rund eine halbe Millionen Kronen zur Unterstützung des alljährlichen Festzugs des Folklorekönigs in seinem südmährischen Wahlkreis beanspruchte. Oder Pavel Severa von der KDU-CSL z.B. möchte gerne den Bau einer Schulküche in seinem Wahlkreis mit 700 000 Kronen aus dem Haushalt bezuschusst wissen.
Das alles sei eine absolut übliche Prozedur fand zwar der Vorsitzende des Haushaltsauschusses, Vlastimil Tlusty (ODS), dessen Ausschuss allein 350 Veränderungsvorschläge zum Haushalt vorlegte. Insgesamt wurde dieses Jahr aber die Rekordzahl von mehr als 500 Nachbesserungsanregungen erreicht. Finanzminister Jiri Rusnok bemerkte ob dieser Flut sichtlich ermattet, es gebe derart viele Eingaben, dass er sie nicht einmal alle notieren könne.
Viele der Vorschläge hätten von vornherein keine Chance durchzugehen, meinen die Experten. Für diese beginnt die Lotterie 2002 vielfach von neuem.
Aber Rusnok warnt auch jene Bittsteller, die dieses Jahr Teile ihrer Projekte finanziert bekommen, dass auch sie damit rechnen müssen, beim nächsten Haushalt wieder leer auszugehen. Deshalb plädiert er dafür, das Haushaltsverfahren zu überarbeiten - nach den Wahlen, versteht sich.