Heldentum - ist es von heutigen Jugendlichen noch zu Erwarten?
Heldentum, Menschenopfer, Mut und ähnliche Begriffe tauchten dieser Tage recht frequentiert in verschiedenen Festreden und nicht zuletzt auch im Programm von Radio Prag auf. Zu hören waren sie auch bei verschiedenen Diskussionstreffen, die dem 2. Weltkrieg galten. Mit dem 60. Jahrestag ist, wie sich erneut gezeigt hat, die Diskussion zu diesem Thema sicherlich längst nicht zu Ende. Bei einem dieser Treffen war Jitka Mladkova zugegen:
Zu einer Debatte sind in der vergangenen Woche mehrere Historiker, die sich mit dem 2. Weltkrieg befassen, mit Kriegsveteranen und Widerstandkämpfern in Prag zusammengekommen. Themen gab es in Hülle und Fülle. In Bezug auf die Tatsache, dass an den Kämpfen um die Befreiung des Landes oft auch blutjunge Freiwillige teilnahmen, wurde u.a. die Frage aufgeworfen: Wie ist es um die heutige junge Generation bestellt? Würden auch heute junge Menschen spontan ihr Land verteidigen? Lubor Suslik war gerade 18 Jahre alt, als der Prager Volksaufstand im Mai 1945 ausbrach:
"Meine Meinung klingt vermutlich höchst ketzerisch, ich fürchte aber, dass sie es nicht ist. Die Interessen der heutigen Jugendlichen sind auf ganz andere Bereiche fixiert als es bei uns der Fall war. Beinahe von Kindesbeinen an, und besonders nach der Besetzung unseres Landes 1939, verspürten wir eine Art unpathetischen Patriotismus und ein Verantwortungsbewusstsein, das heute der Jugend fehlt."
Libuse Erbsova, die ebenso wie Suslik am Prager Aufstand teilnahm, schloss sich, wenn auch nur teilweise, seiner Meinung an:
"Wissen Sie, man hat uns ein bisschen anders erzogen. Ich sehe das sozusagen aus dem Blickwinkel meiner Familie. Sie fühlte sich stark mit der hussitischen Brüderkirche verbunden. Wir liebten abgöttisch unseren Präsidenten Masaryk, er war unser Vorbild. Und so stand für uns gleich am Beginn des Krieges der Teilnahme am Widerstandskampf nichts im Wege,ganz im Sinne des masarykschen Mottos: 'Die Wahrheit siegt'."
Nicht alle anwesenden Veteranen konnten sich mit dieser eher skeptischen Meinung über die heutige Jugend identifizieren.Zur selben Frage haben beim besagten Treffen auch anwesende Historiker Stellung genommen. Einer von ihnen, Eduard Stehlik, Mitarbeiter des Militärmuseums in Prag, erzählte über seine Erfahrungen mit Studenten und Schülern, vor denen er verschiedene Vorträge hielt. Er räumte zwar das mangelnde Interesse der Jugend an der 60 Jahre zurückliegenden Geschichte ein, dabei, so Stehlik, genüge aber wenig, und gleich seien viele Fragen da:
"Das sind oft tief greifende Fragen! So haben wir in unserem Militärmuseum z.B. eine Ausstellung zum 1942 verübten Attentat auf Reinhard Heydrich veranstaltet, die innerhalb von zweieinhalb Jahren rund 100 000 Besucher gesehen haben. Zum Großteil waren es junge Leute, die viele Fragen stellten. Allerdings waren zumeist vor allem die Lehrer für das Interesse ihrer Schüler ausschlaggebend. Da kamen z.B. Schüler mit drei Lehrerinnen, die draußen blieben und rauchten. Ihre Schüler waren dann nach zehn Minuten auch schon wieder draußen und machten Lärm. Ein anderes Mal kam wiederum ein Lehrer bereits einen Tag zuvor allein. Er sah sich die Ausstellung an, bereitete verschiedene Quizfragen für seine Schüler vor und bat uns, etwas Interessantes zu der Ausstellung zu sagen. In diesem Fall passierte es, dass die Kinder auch drei oder vier Stunden lang im Museum blieben."