Highlight des Prager Kulturkalenders ist wieder da

Drei Schwestern

Ein Jahr wieder ist um und der fixe Punkt des Prager Kulturlebens ist wieder da: das Prager Theaterfestival deutscher Sprache, das am Donnerstag bereits zum 12. Mal in der tschechischen Hauptstadt beginnt.

Auch diesmal kommen nach Prag renommierte Theaterensembles, und das traditionsgemäß aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, sowie zum ersten Mal auch aus Luxemburg. Festivaldirektorin Jitka Jilkova schien auf der Pressekonferenz vor Zufriedenheit zu strahlen. Ihr Gesichtsausdruck, wie sie mir später sagte, war jedoch nicht darauf zurückzuführen, dass die diesjährige Jagd nach Sponsoren wesentlich leichter gewesen wäre. Es sei nach wie vor ein Kampf, für den 12. Festivaljahrgang sei aber alles unter Dach und Fach. Wie war es aber diesmal beim Spielplan? Gab es da einen Knackpunkt zu lösen?

"So würde ich es nicht formulieren. Letztes Jahr hatten wir ein ziemlich großes Problem, weil sich die Dramaturgie auf deutsche Shakespeare-Aufführungen konzentriert hat. Die sind aber etwas brutal geworden, was bei einem Teil des einheimischen Publikums nicht gut ankam. Auf der anderen Seite konnten wir doch nicht darum herum kommen, denn Shakespeares Mackbeth wurde als beste Inszenierung des Jahres in Deutschland gekürt. In diesem Jahr haben wir ein derartiges Problem überhaupt nicht gehabt. Mit der Programmauswahl ist im Prinzip alles glatt und reibungslos gegangen."

Vielleicht lag das auch am diesjährigen Leitmotto des Theaterfestivals, "Traum und Erwachen". Warum es gewählt wurde, fragte ich den Festivaldramaturgen Petr Stedron:

"Weil dieses Motto mit fast allen Titeln, die wir für den diesjährigen Festivaljahrgang gewählt haben, korrespondiert. Und das beginnt gleich mit dem ersten Titel, dem eigentlichen Prolog des Festivals, "Drei Schwestern" von Anton Tschechow, einstudiert von Andreas Kriegenburg mit dem Ensemble der Münchner Kammerspiele. Ich glaube, die Beziehung zwischen Traum und Erwachen ist ziemlich deutlich. Ähnliches gilt für das Ensemble Rimini Protokoll in der Inszenierung von "Kapital, erster Band". Das wissen wir auch hierzulande alle, wie seinerzeit das Erwachen aus der marxistischen Ideologie ausgesehen hat. Das Riminiprotokoll hat eine Expertengruppe zu einer Diskussion über dieses Thema auf die Bühne eingeladen."

Petr Stedron hat Recht. Fast zu jedem Bühnenstück des Prager Theaterfestivals kann er den Bezug zum Leitmotto aufzeigen. Wie kommt das deutsche Drama, über das häufig selbst in Deutschland heftig diskutiert wird, eigentlich in Tschechien an? Diese Frage habe ich an Jana Machalicka, Kritikerin der Tageszeitung "Lidove noviny", gerichtet:

"Ich glaube, das moderne deutsche Theater steht durchaus im Mittelpunkt des Interesses hierzulande. Darum hat sich zum Teil auch das Prager Theaterfestival der deutschen Sprache verdient gemacht. Eine Reihe von Titeln, die im Rahmen des Festivals nach Tschechien importiert wurden, sind ziemlich bald auch in tschechischer Version einstudiert worden - allerdings eher von jüngeren Regisseuren und Prager Theaterhäusern. Für die regionalen Bühnen sind die oft kontroversen Theaterstücke, ich will nicht sagen direkt unverdaulich, aber etwas problematisch schon. Als regionale Theater haben sie eine spezifische Rolle zu erfüllen. Außerdem sind auch ihre Möglichkeiten zu experimentieren eher begrenzt."

Das 12. Prager Theaterfestival deutscher Sprache findet von 8. bis 18. November 2007 statt.

Fotos:www.theater.cz