Hochverrat – Senat berät über Klage gegen Staatspräsident Klaus
Zum Abschied von Staatspräsident Václav Klaus hat sich eine Gruppe von Senatoren ein ganz besonderes Geschenk ausgedacht. Sie haben einen Antrag eingebracht, den Präsidenten wegen Hochverrats beim Verfassungsgericht anzuklagen. Die nötigen Stimmen für den Antrag hatten die Initiatoren am Mittwoch zusammen, nun muss der Vorsitzende der oberen Parlamentskammer innerhalb von fünf Tagen eine Sondersitzung einberufen.
„Es ist traurig, dass einige Mitglieder der Opposition das Verfassungsgericht missbrauchen, damit es ihre Missbilligung der politischen Situation löst.“
Bis zum Mittwochabend hatten 28 Senatoren einen Antrag unterschrieben, der den Staatspräsidenten des Hochverrats beschuldigt. Die Initiative ging von einigen unabhängigen Senatoren aus, Grund war die umstrittene Neujahrsamnestie von Klaus. Der Staatspräsident genießt in der Tschechischen Republik eine umfassende Immunität und kann nur wegen Hochverrats angeklagt werden. František Bublan ist Senator für die Sozialdemokraten. Er hat den Antrag unterschrieben:
„Wir gehen davon aus, dass Václav Klaus Handlungen begangen hat, die gegen die demokratischen Regeln unseres Staates gerichtet sind. Das Signal, diesen Antrag zu stellen, war zweifellos die Amnestie. Es geht uns aber ebenso um jene Schritte, durch die Klaus unserem Staat und unserer politischen Kultur geschadet hat. Ich denke zum Beispiel an die Ablehnung des internationalen Stabilitätspaktes und an die verspätete Unterschrift des Zusatzprotokolls der Europäischen Sozialcharta. Das alles zeugt davon, dass sich Klaus ein wenig wie ein Monarch benommen und so auch Entscheidungen des Parlaments und des höchsten Gerichtshofes nicht respektiert hat.“Milan Štěch, der Vorsitzende des Senats, hat den Antrag angenommen und am Montag eine Sondersitzung einberufen. Die obere Kammer muss nun über den Antrag abstimmen. 20 sozialdemokratische Senatoren unterstützen die Initiative mit ihrer Unterschrift, die Parteiführung indes hat keine Linie herausgegeben. Der Vorsitzende der ČSSD, Bohuslav Sobotka, erklärte am Mittwoch jedoch, er persönlich würde den Antrag unterstützen.
Außergewöhnlich scharf verurteilte Premierminister Petr Nečas von den Bürgerdemokraten (ODS) den Antrag der Senatoren:
„Ich bin bereits mehr als 20 Jahre in der Politik. Und in diesen 20 Jahren kann ich mich nicht erinnern, einer solch politischen und menschlichen Erbärmlichkeit begegnet zu sein, wie es dieser Schritt der 28 Senatoren ist. Ich schäme mich für sie, Schande über sie.“Verfassungsrechtler sind sich bereits einig, dass eine Anklage wegen Hochverrats vor dem Verfassungsgericht scheitern würde. Aleš Gerloch ist Verfassungsexperte und Dekan der Juristischen Fakultät der Karlsuniversität Prag:
„Hochverrat wird als außergewöhnlich ernsthaftes Delikt gegen die Verfassung verstanden. Das bedeutet, die Verletzung demokratischer Regeln, die im Antrag angeführt werden, müssen vergleichbar sein mit anderen Formen von Hochverrat, zum Beispiel mit Handlungen gegen die Unversehrtheit des Landes oder gegen die Souveränität des Staates.“
Der tschechische Ombudsmann und ehemalige Verfassungsrichter Pavel Varvařovský ist der gleichen Meinung. Daher werde das Verfassungsgericht die Klage gar nicht erst annehmen. Die Amnestie sei sicherlich diskussionswürdig, verfassungswidrig sei sie aber nicht, so Varvařovský.