Höchststrafe: nach Abzug von 20 Punkten steigt Bohemians-Club aus Střížkov ab

Karel Kapr (Foto: ČTK)

In der Geschichte der ersten tschechischen Fußball-Liga wurden bisher nur drei Spiele am grünen Tisch entschieden. Am vergangenen Samstag kam ein vierter, äußerst ungewöhnlicher Fall hinzu: Die Mannschaft des FK Bohemians Prag war zum Derby gegen Bohemians 1905 nicht angetreten. Der Grund: Man halte die Erstligazugehörigkeit des Kontrahenten für unrechtmäßig. Am Donnerstag nahm der Böhmisch-Mährische Fußballverband (ČMFS) zu den Vorkommnissen Stellung und sprach drastische Strafen aus.

„Wir bestrafen Bohemians Prag mit dem Abzug von 20 Punkten und einer Geldstrafe in Höhe von sechs Millionen Kronen“,

Foto: Kristýna Maková
so lautet die Entscheidung der Disziplinarkommission des Fußballverbandes, die am Donnerstag durch den Vorsitzenden der Kommission, Jiří Golda, verkündet wurde. Umgerechnet also 240.000 Euro, die der Tabellenletzte aus dem Prager Randviertel Střížkov zahlen muss – das ist die höchste Strafe, die je ein Fußballclub im Rahmen des tschechischen Spielbetriebs erhalten hat. Doch damit nicht genug. Der Verein aus Střížkov muss zudem Schadensersatz leisten. Zum Beispiel für die fehlenden Zuschauereinnahmen des gastgebenden Clubs Bohemians 1905. Lukáš Přibyl, der Präsident von Bohemians 1905:

„Wir haben einen Betrag von knapp 800.000 Kronen errechnet. Das ist die Summe, die uns verloren ging, weil das Spiel nicht ausgetragen wurde.“

Lukáš Přibyl  (Foto: ČTK)
Vor der Disziplinarkommission hatte bereits die Spielkommission des Verbandes getagt und das ausgefallene Punktspiel mit 3:0 für den gastgebenden Bohemians-Club aus dem Stadtteil Vršovice gewertet. Eine Wertung, über die die nach dem späteren Urteil kaum noch jemand sprach, denn wegen des hohen Punktabzugs steht der Bohemians-Verein aus Střížkov faktisch schon als erster Absteiger fest. Ein drastische Strafe, die der Präsident des Clubs, Karel Kapr, auf jeden Fall anfechten will:

Mannschaft des FK Bohemians Prag war zum Derby gegen Bohemians 1905 nicht angetreten  (Foto: ČTK)
„Natürlich werden wir dagegen Berufung einlegen, zunächst im Rahmen des Verbandes bei der zuständigen Berufungskommission. Falls wir da erfolglos bleiben, werden wir uns sowohl an die Uefa als auch an die Polizei und die Gerichte wenden.“

Karel Kapr  (Foto: ČTK)
Karel Kapr, der Initiator der Spielabsage, spielt eine riskante Karte. 2005 musste der ursprüngliche traditionelle Bohemians-Verein aus Vršovice Insolvenz anmelden, worauf sich Kapr für den damaligen FC Střížkov die Rechte am Vereinsnamen, dem Clublogo und den Clubfarben aus der Konkursmasse des alten FC Bohemians sichern ließ. Und den Nachfolgeclub aus Vršovice, Bohemians 1905, will er einfach nicht akzeptieren. Weil die Rechtslage dazu bis heute nicht eindeutig geklärt ist, hat er es auf den Eklat vom Samstag ankommen lassen. Mit weit reichenden Folgen. Die zerstrittene Berufungskommission des Verbandes ist nämlich derzeit nicht handlungsfähig und eine neue soll erst im Juni gewählt werden. Die Liga beendet ihre Saison aber schon in drei Wochen. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass auch nach dem letzten Spieltag noch nicht amtlich feststeht, wer eigentlich absteigen muss.

Autor: Lothar Martin
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