Hörerforum

Bedrich Smetana

Im heutigen Hörerforum von Radio Prag befassen wir uns - wie vor 14 Tagen angekündigt - noch einmal ausführlich mit unserem diesjährigen Hörerwettbewerb.

Zur Erinnerung, in unserem Hörerwettbewerb ging es darum, auf die folgende Frage eine eigene Antwort zu geben: Welches Werk oder welcher Künstler der tschechischen Musik hat mich am meisten angesprochen und warum?

Von unseren deutschsprachigen Zuhörern kamen jede Menge interessante Beiträge zu diesem Thema, die für uns zehn besten Einsendungen haben wir mit einer CD bzw. im Falle von Herrn Helmut Matt aus Herbolzheim mit dem Hauptpreis prämiert. Daher wollen wir heute die Gelegenheit nutzen, mit Ausnahme der bereits veröffentlichten Arbeit von Herrn Matt, aus den weiteren neun Zuschriften zu zitieren. Es fiel auf, dass in den meisten Beiträgen immer wieder die Namen zweier Komponisten, Antonín Dvorák und Bedrich Smetana, genannt wurden. So auch im Aufsatz des in Znaim geborenen und heute in Passau lebenden Helmut Zahradník, der uns u. a. dies mitteilte:

"Bei meinen Besuchen in der Heimat zwischen 1963 und 1967 erwarb und erhielt ich viele Aufnahmen beider verehrten Komponisten. Eine eigenartige Erinnerung an damals ist, dass während einer langen Wartezeit an der Grenze Haid/Hate über Außenlautsprecher die ´Slawischen Tänze´ Dvoráks abgespielt wurden und ebenso in Znaim in der Mittagspause der ganze Zyklus ´Mein Vaterland´ - damals ein zwiespältiges Erlebnis. Unabhängig davon spüre ich immer wieder ´Moldau/Wyschehrad´ einerseits sowie ´Aus der neuen Welt/Slawische Tänze´ andererseits in mir. Schon lange vor dem 100. Todestag Dvoráks erschien mir seine Lebensgeschichte ein Zeichen der Hoffnung für die Zukunft der Heimat, Europas und der Welt bewährte er sich doch als tschechischer Patriot, Miteleuropäer und Weltbürger, und er dokumentierte das eindrucksvoll in seinen Werken."

Wolfgang Bruch aus Schwarzenbach an der Saale ergänzte zu Bedrich Smetana:

"Seine von leidenschaftlicher Wärme und künstlerischer Ausgewogenheit geprägte Musik verbindet in geradezu harmonischer Art tschechische Volksmusik mit der sinfonischen Ausdruckskraft eines Liszt und der Dramatik eines Wagners. Ein Welterfolg wurde die noch heute unzählige Male gespielte und beliebte komische Oper ´Die verkaufte Braut´. Die Opern ´Dalibor´ und ´Libuse´ sind große patriotische Werke."

Jörn Mucha aus Berg führte zum gleichen Komponisten an:

"Meine Verbindung zu Smetana ist auch persönlicher Natur. Als ich entgegen meiner jugendlichen Vorstellungen zum ersten Mal in die Welt der klassischen Musik hineinschnupperte und die Töne der ´Vltava´ vernahm, kam ein mystischer Zauber über mich, der mich noch heute in Bann hält. Ich sah mich in eine neue Welt der Kunst und der Poesie versetzt, die mir gleichzeitig die Perspektive gab, die Schönheit der Welt auch in den Tönen zu finden - fernab von vergänglichen popmusikalischen Eintagsfliegen."

Ja "Vltava", also die Moldau - diese musikalische Auskopplung aus dem synfonischen Zyklus "Mein Vaterland" wurde fast von allen Teilnehmern des Wettbewerbs ganz hoch auf den Schild gehoben. So auch von Hermann Heyne-Pietschmann, der ihren natürlichen Flusslauf zum Anlass nahm, um der Moldau in einer selbstverfassten fiktiven Autobiographie seinen Tribut zu zollen. Hier ein Auszug daraus:

"Hallo, mein Name ist VLTAVA, genannt die Moldau. Natürlich habe ich auch einen Vater, keinen gewöhnlichen, sondern einen Künstler. Er war ein berühmter Komponist. Sein Ehrgeiz bestand darin, mich ebenfalls berühmt zu machen. Das ist ihm auch gelungen. Mein geistiger Vater hieß Bedrich Smetana, er liebte die Musik über alles und ganz besonders liebte er mich. Warum dies so war, davon möchte ich erzählen, von meinen Wurzeln, meinem Werdegang in einer wunderschönen Landschaft und von den tschechischen Menschen, welche an meinen Ufern ihr Zuhause haben. Innerhalb der Komposition ´Mein Vaterland´ war mein unterschiedliches Dahinfließen ein spezieller Teil der geographisch-musikalischen Kostbarkeit."

Während Herr Heyne-Pietschmann im Folgenden den Flusslauf der Moldau mit all seinen Facetten beschreibt, hat Barbara Schnell aus Frankfurt/Main in ihrem Beitrag vor allem die musikalische Seite der "Moldau", so wie sie sie empfindet, hervorgehoben:

"Immer, wenn ich die ersten Takte höre, entsteht vor meinem inneren Auge eine wunderbare Landschaft, die ich in Wirklichkeit nie gesehen habe. Es beginnt mit Flöten und Klarinetten, die die einzelnen Quellen und Bächlein symbolisieren, die fröhlich durch die Landschaft plätschern, immer munterer und kräftiger werden. Sie fließen durch Wiesen und Wälder, über Steine, durch sumpfige Stellen mit Blumen in allen Farben des Regenbogens am Rand, vorbei an Fröschen und Bachstelzen, tragen Fische mit sich und vereinigen sich endlich zur jungen Moldau und zum unverkennbaren musikalischen Thema."

Ja, aus dieser Beschreibung könnte man noch länger zitieren, doch wir wollen gleich auch noch andere Wettbewerbsteilnehmer zu Wort komen lassen.

Die tschechische Musik, über die es zu schreiben galt, machen jedoch nicht nur Dvorák und Smetana aus. Über Leos Janácek und seine "Glagolitische Messe" schrieb uns zum Beispiel Georg Stawski aus Recklinghausen:

""Leos Janáceks Intention, nicht nur bei der Schaffung dieser Messe, war wohl auch, die Kulturleistungen des Ostens zu unterstreichen. Ohne die Leistungen seiner tschechischen Landsleute Dvorák und Smetana schmälern zu wollen, stellt seine Kunst ganz sicherlich eine Wende vom Tradierten zum Modernen dar. Das bedeutete keineswegs, dass er dabei das Volksliedgut, besonders jenes seiner mährischen Heimat, gering schätzte. Er scheint für meinen Geschmack jedoch nicht diese Inspirationsquelle in Form folkloristischer Stücke "verwurstelt" zu haben. Selbst wenn ich noch heute, ein dreiviertel Jahrhundert nach seinem Tod, manches als nicht unbedingt leichte Kost anhöre, bin ich dennoch immer von seiner Musik, so auch von seiner Glagolitischen Messe beeindruckt."

Ulrich Wicke aus Felsberg machte in seinem Aufsatz auf die herausragende Sängerin Ema Destinnová, alias Emmy Destinn aufmerksam, indem er u. a. den Musikschriftsteller Oscar Bie zitierte, der meinte:

"Von der Destinn aber zu sprechen ist Luxus. Ich habe die Salome nie anders gehört als von ihrer sinnlichen, farbigen Stimme (...). Nun ist sie heraus, nun ist das Wunder geschehen. Was sind alle Edelsteine (...) gegen diese Pfauengärten und Königreiche in einem solchen Organ."

Hans-Peter Fuchs aus Frankfurt/Main wiederum ist von einem anderen Künstler angetan:

"Mich hat besonders der Künstler Jaroslav Jezek angesprochen. Ich bin fasziniert von diesem Künstler, wie er, der doch fast blind und nach einer Scharlacherkrankung auch noch schwerhörig war, sein Leben so meistern und als Genie eine Tätigkeit als Komponist und Pianist ausüben konnte. Es ist doch erstaunlich, dass ein Mensch in so einer Lebenslage die Kraft und den Willen besitzt, sich so dem Leben zu stellen und solche Werke zu vollbringen."

Das Schlusswort unserer heutigen Sendung gehört Stammhörer Fritz Andorf aus Meckenheim. In seinem Beitrag ging Herr Andorf zunächst auf den Komponisten Johannes Wenzeslaus Kalliwoda und dessen bei einem Konzert in Bonn gespielte Variationen mit Rondo B-Dur für Fagott und Orchester op. 57 aus dem Jahre 1856 ein. Der Autor unterstrich nach dem Konzert einen Satz aus dem Programmheft: "Das brillante Werk ist ein Juwel unter den nicht gerade zahlreichen orchesterbegleitenden Fagott-Stücken der Romantik". Der Applaus des Publikums war entsprechend, schrieb Andorf und gab am Ende seiner Ausführungen folgenden Ausblick:

"Gerade fällt mir die Vorschau auf das Beethovenfest in Bonn im Herbst dieses Jahres in die Hände. Anlässlich der Erweiterung der Europäischen Union setzt dieses Musikfestival als schöne Geste des Willkommens und als Hinweis auf die kulturelle Verbundenheit zwischen Nordrhein-Westfalen und Tschechien seinen Schwerpunkt auf den böhmisch-mährischen Raum. So werden viele musikalische Werke angekündigt von den schon genannten Komponisten, aber auch von mir völlig unbekannten wie Jindrich Feld, Friedrich Ludwig Benda, Jan Václav Hugo Vorisek und Josef Myslivecek. Nach allem habe ich wohl noch viel nachzuholen, um wenigstens einen Teil der reichen Musiktradition Tschechiens kennen zu lernen."