Hoffnung für Blutkrebspatienten: 30 Jahre Knochenmarkspenderdatei in Tschechien
Die Nationale Knochenmarkspenderdatei und die Stiftung für Knochenmarktransplantation sind in Tschechien seit 30 Jahren tätig. Seitdem haben sie mehr als zweitausend Patienten im Kampf gegen Blutkrebs geholfen.
Es habe schleichend begonnen. Die Symptome seien völlig unbedeutend gewesen – Müdigkeit, Kopfschmerzen, Hämmern im Kopf und später die Kurzatmigkeit, sagt Ingrid Beránková Ambruzová. Sie war 29 Jahre alt, als bei ihr akute lymphoblastische Leukämie diagnostiziert wurde.
„Die Ärzte sagten sofort, dass es keine andere Lösung als die Transplantation geben würde. Ich wusste also von Anfang an, dass sie das Einzige war, was mir helfen konnte.“
Ingrid hatte in ihrer Situation Glück. Nach nur vier Monaten wurde ein passender Spender für sie gefunden. Seit der erfolgreichen Transplantation sind einige Jahre vergangen. In diesem Jahr traf sie zum ersten Mal die Frau, die ihr das Leben gerettet hat.
„Ich habe mich sehr darauf gefreut, und als dann das Treffen bevorstand, hatte ich große Angst. Und plötzlich, als sich die Frau mir näherte, ging alles auf, und es war wunderschön: Ich hatte das Gefühl, dass wir zusammengehören und uns schon ewig kennen.“
Die erste Knochenmarktransplantation von einem nicht verwandten Spender wurde in Tschechien im Mai 1993 durchgeführt. Heute sind fast 112.000 Personen in der Datei eingetragen. Allerdings spendet nur ein Prozent von ihnen tatsächlich Knochenmark, da die Kriterien für die Übereinstimmung von Spender und Patient streng sind. Deshalb spricht man die Öffentlichkeit systematisch an, um die Datei kontinuierlich zu erweitern.
Pavel Jindra ist Chefarzt der tschechischen Nationalen Knochenmarkspenderdatei und Leiter der Abteilung für Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum in Plzeň / Pilsen:
„Es wäre gut, wenn mindestens die Hälfte oder ein Drittel unserer Patienten hierzulande Spender finden würden. Es wäre billiger und einfacher zu organisieren, als Knochenmark aus dem Ausland hierher zu bringen. Zu diesem Zweck würde es ausreichen, wenn es in Tschechien mindestens 200.000 bis 250.000 Spender gäbe. Das bedeutet, dass wir weitere 100.000 Personen anwerben müssten.“
Dem Arzt zufolge gehören die Tschechen zu den bereitwilligen Spendern:
„Wir können nicht mit den Deutschen mithalten, wo acht oder neun Prozent der Bevölkerung in der Datei eingetragen sind. In unserem Fall handelt es sich um etwa eineinhalb Prozent der Bevölkerung in den Registern, in Pilsen und in Prag. Aber wir sind besser dran als viele andere Länder. Sicherlich ist Tschechien das beste aller postkommunistischen Länder.“
Die 26-jährige Zuzana Drázdová ist eine der fast 112.000 Menschen hierzulande, die sich in die Datei eintragen ließen:
„Ich wusste schon immer, dass ich mit 18 mit dem Blutspenden anfangen will. Und wenn man Blut spenden geht, sieht man dort überall Flyer, dass es eine Knochenmarkspenderdatei gibt. Also habe ich mich dort sofort eingetragen.“
Drei Jahre später wurde sie von den Ärzten als ideale Spenderin für einen ihrer Patienten ausgewählt. Sie musste sich einer Beckenknochenentnahme unterziehen:
„Ich war sehr überrascht, weil man so etwas einfach nicht erwartet. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch, der sich angemeldet hat, anschließend angesprochen wird, ist recht gering. Ich hatte damit also nicht gerechnet und war froh, weil ich das Gefühl hatte, dass ich etwas Sinnvolles tun und jemandem helfen kann.“
Seit der ersten Knochenmarktransplantation von einem nichtverwandten Spender im Jahr 1993 wurden fast 900 tschechische Spender mit Patienten zusammengebracht. Davon kamen etwa zwei Drittel der Transplantate Patienten in Tschechien zugute, der Rest ging ins Ausland, das Weiteste davon bis nach Australien.