Rekordzahl an postmortalen Organspendern in Tschechien
In diesem Jahr werden insgesamt 900 Patienten in Tschechien ein Spenderorgan erhalten haben. Sowohl mit dem Gewebe von Lebenden als auch von Gestorbenen erhielten sie die Chance auf ein neues Leben. Laut dem koordinierenden Transplantationszentrum dürfte dabei die Zahl an postmortalen Organspendern so hoch sein wie noch nie seit dem Start des entsprechenden Programms.
Lebern, Nieren und Herzen – diese und weitere Organe werden in Tschechien regelmäßig erfolgreich verpflanzt. Doch dafür braucht es Spender. Lebende, aber vor allem frisch verstorbene. Und gerade die Zahl Letzterer dürfte laut dem koordinierenden Transplantationszentrum in diesem Jahr so hoch liegen wie noch nie seit den 1960ern. Damals wurde hierzulande mit dem Transplantationsprogramm begonnen.
Miloš Adamec leitet das Zentrum. Er betont, dass man die endgültige Zahl noch nicht kenne, aber schon bis Mitte Dezember insgesamt 298 postmortale Spender gezählt worden seien.
„Damit haben wir bereits die Gesamtzahl des vergangenen Jahres erreicht. Die verbleibenden Tage erlauben uns nun, 2023 als das bisher beste Jahr noch zu übertreffen – und zwar wenn wir auf über 300 Spender kommen“, so Adamec.
Auch Lebendspender helfen den Patienten, indem sie zum Beispiel eine Niere oder einen Teil ihrer Leber zur Verfügung stellen. Ihre Zahl lag dieses Jahr bei 50. Alle Spender zusammen erlaubten seit Januar schon insgesamt 900 Transplantationen.
Ein einziger Verstorbener kann dabei bis zu zehn Patienten helfen. Die genauen Zahlen veröffentlicht das koordinierende Transplantationszentrum erst Anfang Januar kommenden Jahres. Allerdings warten laut Adamec weiterhin rund 900 Menschen in Tschechien auf eine Organspende:
„Im Grunde erhält jeder Patient, der hierzulande auf der Liste steht, innerhalb eines Jahres ein Spenderorgan. Bei der Lebertransplantation liegt die durchschnittliche Wartezeit sogar nur bei drei Monaten. Zum Vergleich: Im benachbarten Deutschland beträgt die durchschnittliche Wartezeit auf ein Spenderorgan drei Jahre.“
Manche Patienten in Tschechien müssen sich jedoch länger als der Durchschnitt gedulden. Die 26-jährige Maciré stand zum Beispiel drei Jahre lang auf der Liste, dann half ihr die Spende eines Kindes:
„Bei mir war eine Autoimmunerkrankung diagnostiziert worden, die die Leber betrifft. Das Problem war, dass ich sehr klein bin und eher die Statur eines Kindes habe. Die Organe von erwachsenen Spendern haben also nicht gepasst. Mir ging es letztlich so schlecht, dass ich acht Monate lang schon im Krankenhaus war. Dann endlich wurde ein Spender gefunden, und ich konnte operiert werden.“
Trotz dieser Ausnahmen gehört Tschechien weltweit zu den drei Ländern mit der höchsten Organspenderate. Miloš Adamec nennt als Grund vor allem die Rechtslage. Denn hierzulande ist die Widerspruchsregelung verankert. Das heißt, wenn man sich nicht in das nationale Register für eine Verweigerung der Organspende eintragen lässt, gilt man automatisch als Spender.
Über einen weiteren Faktor Jiří Froněk, er ist Chefarzt der Transplantationschirurgie am Institut für klinische und experimentelle Medizin (Ikem) in Prag:
„Wir haben hier am Ikem vor einigen Jahren als erstes Krankenhaus im Land damit begonnen, auch die Organe von Menschen zu entnehmen, die an einem sogenannten kontrollierten Herz-Kreislauf-Versagen gestorben sind. Das betraf Nieren wie Lebern. So haben wir eine weitere mögliche Quelle für Spenderorgane erschlossen.“
2015 wurde diese Praxis gestartet. Bis dahin galt auch in Tschechien fast ausschließlich die Hirntod-Diagnose als entscheidend. Für eine Ausweitung des Spendenprogramms hält es Froněk aber vor allem wichtig, dass die Zahl der Lebendspenden erhöht wird.
In Tschechien gibt es sieben Transplantationszentren. Das Ikem ist das größte von ihnen. Dort wurden in diesem Jahr den Schätzungen nach rund 500 Gewebeverpflanzungen durchgeführt. Das zweitgrößte Zentrum befindet sich in Brno / Brünn.