Transplantationen in Corona-Zeit: Kein großer Einbruch der Zahlen in Tschechien

Welche Konsequenzen hatte die Pandemie für die Transplantationsmedizin in Tschechien? Wie beeinflusst Corona Organspenden?

Miloš Adamec | Foto: ČT24

In Tschechien werden jährlich rund 800 Organe transplantiert. In den zurückliegenden Corona-Monaten sei es nicht zu einem massiven Einbruch dieser Operationen gekommen, sagt der Leiter des Koordinationszentrums für Transplantationen, Miloš Adamec:

„Im vergangenen und im laufenden Jahr lässt sich eine leichte Abnahme der Organspenden beobachten. Der Einbruch ist aber nicht so bedeutend, wie man hätte erwarten können.“

Den größten Ausfall gab es bei Lungentransplantationen, sagte Adamec gegenüber dem Inlandssender des Tschechischen Rundfunks:

„Dort sind die Risiken größer. Der Organspender muss einen besseren Gesundheitszustand aufweisen. Das Programm der Lungentransplantationen war also am stärksten betroffen.“

Foto: IKEM

Die Transplantationen gehören zu den akuten Eingriffen. Daher wurden sie nicht eingestellt, (als alle anderen Operationen in Folge der Überlastung der Krankenhäuser mehrere Monate lang eingeschränkt werden mussten. Trotzdem beeinflusste die Pandemie auch die Organspenden. Unter anderem habe man die Spender auf das Coronavirus testen müssen, sagt die Sprecherin der Prager Ikem-Klinik, Markéta Šenkýřová:

„Ärzte von Intensiv- und Reanimationsstationen der Kliniken, die Verstorbene zur Organspende für das Transplantationsprogramm indizieren, gerieten in eine schwierige Situation. Wir haben ein System geschaffen, wobei nicht nur die Empfänger, sondern auch die Spender der Organe mit einer schnellen PCR-Methode bei uns getestet wurden.“

Organe von Corona-positiven Spendern können wegen einer möglichen Infektion zur Transplantation nicht genutzt werden. In Folge dessen ist laut Adamec die Organspendenzahl um etwa sieben Prozent gesunken. Die Sprecherin des Krankenhauses zur heiligen Anna in Brno / Brünn, Dana Lipovská, nennt ein weiteres Problem:

Illustrationsfoto: dronepicr,  Flickr,  CC BY 2.0

„Wegen der Überfüllung der Anästhesiologischen Reanimationsklinik mit Covid-19-Patienten konnten die potentiellen Organspender nicht entsprechend versorgt werden. Zudem wurden weniger Herzoperationen durchgeführt. Die Herzkliniken konnten die Organspender nicht untersuchen, weil sie nur imstande waren, akute Patienten zu versorgen.“

Dies habe sich in der Warteliste der Organempfänger wiederspiegelt, ergänzt der Leiter des Koordinationszentrums für Transplantationen Adamec:

„Das Personal war überfordert mit der Versorgung von akuten Patienten. In die Warteliste wurden daher nicht so viele Patienten eingetragen wie gewohnt. Nun läuft alles aber wieder normal. Ich denke, dass sich die Abnahme der Organzahlen um 5 bis 7 Prozent in der Wartezeit nicht widerspiegeln wird.“

Im Jahr 2019 wurden in Tschechien 865 Transplantationen durchgeführt, im Jahr 2020 waren es 100 Operationen weniger. Im ersten Halbjahr des laufenden Jahres konnten 360 Transplantationen umgesetzt werden. Mehr als 1100 Menschen warten derzeit auf ein neues Organ, bei etwa einer Hälfte davon handelt es sich um eine Niere.

Autoren: Markéta Kachlíková , Janetta Němcová
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