Horst Siegl: Ein Torjäger mit Stallgeruch und Killerinstinkt
Der tschechische Fußball hat mit Josef Masopust, Pavel Nedvěd oder Petr Čech weit größere Fußballer hervorgebracht als ihn. Dennoch wollte damals und würde auch noch heute jeder Trainer einen Goalgetter wie ihn im eigenen Team haben. Die Rede ist von Horst Siegl, der einst Tore vom Fließband für Sparta Prag schoss. In der Nationalmannschaft waren es allerdings weit weniger Treffer und ebenso in der Bundesliga. Der 50-Jährige hat neulich in Prag seine Autobiographie „Pozor pálí Sigi“ vorgestellt.
„Horst war ein klassischer Strafraumstürmer, einer der besten, die hierzulande je geboren wurden. Wenn ein Ball zu ihm in den Sechszehner kam, dann verstand er es wie kein Zweiter, ihn auch zu verwerten. In Tschechien gehört er zu den besten Angreifern aller Zeiten.“
Und um zu verdeutlichen, welch hohen Stellenwert Siegl in der Mannschaft hatte, ergänzt Hašek:
„Er war für uns so wertvoll wie ein Gerd Müller in Deutschland oder ein Pippo Inzaghi in Italien. Er war ein Vollstrecker, wie ihn jeder Trainer gern im Team hat.“
Ivan Hašek: „Horst war ein klassischer Strafraumstürmer, einer der besten, die hierzulande je geboren wurden. Wenn ein Ball zu ihm in den Sechszehner kam, dann verstand er es wie kein Zweiter, ihn auch zu verwerten. In Tschechien gehört er zu den besten Angreifern aller Zeiten.“
Der 76er-Europameister Antonín Panenka, der eine Generation vor Siegl spielte, war ein begnadeter Techniker, heute ist er ein Fußballästhet. Als Panenka schon als Zuschauer Spiele mit Siegl verfolgte, genoss auch er es, wie der „Sigi“ seine „Buden gemacht hat“:
„Siegl war ein Stürmer mit einem ausgeprägten Torriecher. Und er war auch intelligent genug, um einen Torhüter auf verschiedenste Weise zu überwinden, zum Beispiel mit einem Lupfer. Er wusste einfach, wo die Kiste steht und hat immer draufgehalten. Deshalb hat er auch so viele Liga-Tore erzielt.“
Exakt waren es 176, auch wenn Siegl darauf besteht, dass es 178 Tore gewesen sein sollen. Dank seiner Treffer aber gab es viel zu feiern, bestätigt der Protagonist selbst:
„Ich habe 13 Titel gewonnen und bin viermal Torschützenkönig der Liga geworden. Ich kann mich also nicht beschweren, auch wenn meine Laufbahn als Fußballer ziemlich schnell vorüber war. Jetzt aber bin ich froh, dass ich dieses Buch herausgebracht habe.“
In seiner Autobiographie beschreibt „Sigi“, wie er von seinen zahlreichen Freunden und den Fußballfans immer noch genannt wird, die Stationen seiner Karriere. Dies verknüpft er stets mit kleinen Geschichten und lustigen Anekdoten. Ein Match in seiner Laufbahn wird aber wohl für immer in seinem Gedächtnis bleiben:„Was ich nie vergessen werde, ist der Sieg über den FC Barcelona im sogenannten nullten Jahrgang der Champions League. Das war im Jahr 1991, Sparta Prag hatte damals eine Supermannschaft. Es gibt nicht viele, die sagen können: Wir haben Barca geschlagen, und ich habe das goldene Tor geschossen. Das ist einer meiner größten Erfolge, den ich immer schätzen werde.“
Ein langjähriger Freund und Begleiter auf mehreren Stationen seiner Karriere war für Siegl der nahezu gleichaltrige Pavel Kuka. Nur bei einer grundlegenden Entscheidung haben sich die Wege der beiden Unzertrennlichen für einige Jahre getrennt: Während Siegl in seiner Glanzzeit das Trikot des Rekordmeisters Sparta Prag überstreifte, unterschrieb Kuka zunächst einen Vertrag beim Erzrivalen Slavia Prag. Dennoch streicht der 51-Jährige die gemeinsame Zeit in seiner Rückbetrachtung heraus:
„Das erste Mal haben wir zusammen bei Roter Stern Eger (Rudá hvězda Cheb) gespielt. Dort haben wir in der Sportkompanie unseren zweijährigen Armeedienst geleistet. Danach haben wir auch gemeinsam in der tschechischen U21-Mannschaft gespielt. In der Liga waren wir später häufig Gegenspieler, doch in der Nationalmannschaft saßen wir wieder in einem Boot.“
Horst Siegl: „Was ich nie vergessen werde, ist der Sieg über den FC Barcelona im sogenannten nullten Jahrgang der Champions League. Das war im Jahr 1991, Sparta Prag hatte damals eine Supermannschaft. Es gibt nicht viele, die sagen können: Wir haben Barca geschlagen, und ich habe das goldene Tor geschossen.“
Dafür war Kuka seinem Freund auf internationalem Parkett immer ein ganzes Stück voraus. In insgesamt 87 A-Länderspielen erzielte Kuka 29 Tore, Siegl traf hingegen in 23 Einsätzen nur sieben Mal ins Schwarze. Und Kuka war auch derjenige, der sechs Jahre lang ziemlich erfolgreich im Ausland spielte – genauer gesagt in der Bundesliga für die deutschen Traditionsvereine aus Kaiserslautern, Nürnberg und Stuttgart. In dieser Phase aber war Siegl für ein halbes Jahr auch wieder der Teamkollege seines Freundes, und zwar bei den Lauterern. Dies war jedoch keine gute Zeit für den Sparta-Torjäger, saß er bei den Spielen des FCK zumeist nur auf der Bank. Mit einer großen Ausnahme, einer Begegnung im DFB-Pokal im Saarland. Pavel Kuka erinnert sich:
„Sigi war für ein halbes Jahr an Kaiserslautern ausgeliehen worden. Doch in dieser Zeit hat er nicht so oft gespielt. Im DFB-Pokal allerdings hat er uns quasi die Finalteilnahme gerettet. Denn im Viertelfinale, ich glaube es war in Saarbrücken, lagen wir schon 0:2 zurück, bevor uns Sigi mit zwei Toren wieder ins Spiel zurückgebracht hat. Das Weiterkommen haben wir schließlich durch ein Tor in der Verlängerung geschafft.“
Mit dem 1. FC Saarbrücken liegt Kuka allerdings etwas daneben: Die Partie im Viertelfinale des Pokals fand beim FC 08 Homburg statt. Der Favorit gewann nach geglückter Aufholjagd mit 4:3 nach Verlängerung, bestätigt Horst Siegl:„Damit habe ich Kaiserslautern wenigstens etwas zurückgezahlt von dem Geld, das sie für mich als Leihspieler von Sparta Prag ausgegeben haben. Danach war der Weg frei bis ins Finale. Auch wenn ich nur selten für den FCK gespielt habe, war es sehr schön, in einer Mannschaft zu stehen mit Andi Brehme, Miroslav Kadlec und Pavel Kuka.“
Im Finale in Berlin, in dem sich die Lauterer mit 1:0 gegen den Karlsruher SC durchsetzten, war Siegl indes ein weiteres Mal nicht mit von der Partie. Es war ein verrücktes Jahr für die Männer vom Betzenberg, denn mit 18 Unentschieden in der ersten Saison, die nach der Drei-Punkte-Regel ausgespielt wurde, stiegen die Roten Teufel erstmals nach 33 Jahren aus der Bundesliga ab. Darüber konnte auch der Pokalsieg nicht hinwegtrösten. Siegl, den die Pfälzer als Tor-Garanten von Sparta ausgeliehen hatten, aber konnte nicht helfen. Er sei ein Opfer des Trainerwechsels auf dem Betzenberg gewesen, behauptet der Ex-Stürmer noch heute. Der, der ihn damals verschmähte, war Eckhard Krautzun.
Doch dieses Kapitel seiner Karriere wurmt Siegl nicht mehr sehr. Für ihn überwiegen die zahlreichen Siege und Meisterschaftstriumphe, der er als Spieler mit Sparta Prag feiern durfte. Deswegen hat der langjährige Rundfunkredakteur Stanislav Sigmund auch das Buch „Pozor pálí Sigi“ (deutsch: Achtung, Sigi ballert) auf der Basis von Sigis Erzählungen geschrieben. Ohne seinen einstigen Topstürmer, der seine Profikarriere im August 2006 im Dress von Siad Most beendete, ist der einstige Abonnementmeister nun schon seit fünf Jahren ohne Titel. Deshalb drückte Autor Sigmund bei der feierlichen Präsentation des Buches im Prager Nationalhaus dann auch aus, was ihm als Sparta-Fan momentan so unter den Nägeln brennt:
Stanislav Sigmund: „Schade ist nur, dass man Sigi nicht klonen kann, denn Sparta könnte einen Torjäger seiner Klasse derzeit gut gebrauchen. Meiner Meinung nach aber könnte die eben erschiene Publikation auch eine Art Lehrbuch sein für alle Nachwuchsspieler, wie man erfolgreich Tore schießt.“
„Schade ist nur, dass man Sigi nicht klonen kann, denn Sparta könnte einen Torjäger seiner Klasse derzeit gut gebrauchen. Meiner Meinung nach aber könnte die eben erschienene Publikation auch eine Art Lehrbuch sein für alle Nachwuchsspieler, wie man erfolgreich Tore schießt.“
Wenn ein Buch in Tschechien auf den Markt kommt, wird es nicht selten feierlich „getauft“. Dazu wird ein Exemplar symbolisch mit Sekt übergossen. Dies soll den Verkauf des Werkes fördern. Zur Präsentation seiner Autobiografie hatte Horst Siegl gleich elf Taufpaten geladen, also eine komplette Fußballmannschaft. Neben prominenten Vertretern aus der Kultur und dem Showbusiness waren vor allem Sportler darunter, davon sechs ehemalige Fußballer. Drei von ihnen teilten gegenüber Radio Prag auch ihre Meinung zur jüngst erfolgten Gruppenauslosung für die EM-Endrunde im nächsten Jahr mit. Tschechien spielt in einer Gruppe mit England, Kroatien und einem Qualifikanten der noch ausstehenden Playoffs. Pavel Kuka, der 1996 mit Tschechien im EM-Finale in London stand, meint dazu:
„Für mich und meine Mitspieler aus dem 96er-Team kommt wieder die Erinnerung hoch, denn die Nationalmannschaft spielt erneut im Wembley-Stadion, diesmal aber gegen Gastgeber England. Zusammen mit Kroatien sind das zwei sehr starke Kontrahenten für uns, und wer aus den Playoffs noch hinzukommt, das muss man abwarten. Das wird schwer, doch bei einer Europameisterschaft gibt es schon keine einfachen Gegner mehr. Wir müssen also zur EM in Top-Form antreten, nur dann haben wir mit viel Glück auch eine Chance auf das Weiterkommen.“
Antonín Panenka hat ein wenig mehr Vertrauen in das tschechische Team:„Natürlich ist England der Favorit der Gruppe. Die Engländer haben momentan eine sehr gute Mannschaft. Aber auch die Kroaten sind zu beachten, schließlich sind sie der amtierende Vizeweltmeister. Unsere Mannschaft hat also zwei schwere Brocken in der Gruppe. Dennoch glaube ich, dass sie nicht chancenlos ist.“
Ivan Hašek ist der Optimistischste aus dem Trio:
„Ich denke, das ist kein schlechtes Los. Im Gegenteil, unsere Mannschaft spielt in England, dem Mutterland des Fußballs, und in Schottland. Das ist großartig, ich freue mich sehr auf diese Spiele.“