Impfung: Verfassungsgericht ermöglicht Verweigerung

Photo: Filip Jandourek

Impfpflicht ja oder nein? Dieses Thema ist auch in Tschechien hoch umstritten. Manche Eltern sind der Ansicht, Impfungen könnten den Organismus ihres Kindes schädigen, und lehnen sie ab. Das Verfassungsgericht ist den Impfgegner mit seinem jüngsten Beschluss nun teilweise entgegengekommen.

Svatopluk Němeček  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Ärzte halten Impfungen gegen Kinderkrankheiten mehrheitlich für die effektivste Präventionsmaßnahme, die es gibt. Laut Gesundheitsminister Svatopluk Němeček (Sozialdemokraten) werden dadurch jährlich der Ausbruch von 150.000 hochansteckenden Krankheiten sowie 5000 Todesfälle verhindert:

„Die Impfpflicht bringt der tschechischen Bevölkerung große Vorteile. An dieser Meinung ändert sich durch den Beschluss des Verfassungsgerichts nichts.“

Die Mehrheit aller Eltern in Tschechien lässt ihre Kinder trotz einiger Vorbehalte und Verunsicherung impfen. Doch es gibt auch andere Beispiele: Petra aus Brünn hat sich nach längerer Überlegung gegen die Impfung ihrer Kinder entschieden:

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„Wir haben uns entschieden, sie nicht impfen zu lassen. Die Gründe sind, dass ich selbst negative Nebenwirkungen nach der Impfung erlebt habe. Außerdem ist in unserer Familie bereits ein Fall einer Autoimmunerkrankung aufgetreten.“

Wenn die Impfung verweigert wird, können Geldstrafen verhängt werden. Doch am Mittwoch hat das Verfassungsgericht in Brno / Brünn in einem konkreten Fall zu Gunsten der Impfgegner entschieden. Wenn ernste Gründe vorlägen, dürfe die Impfung abgelehnt werden, hieß es im Urteil. Dazu gehöre auch die Gewissensfreiheit. Richter Ludvík David unterstrich aber, dass es sich um eine Ausnahme handeln soll:

Foto: Filip Jandourek,  Tschechischer Rundfunk
„Die Regelung greift nur in Ausnahmefällen. Sollte sich ein solches Vorgehen verbreiten, würde dies die sogenannte Durchimpfungsrate beeinträchtigen.“

Der Verband für Patienten mit negativen Impffolgen begrüßte das Verdikt von Brünn. Der Vorsitzende Václav Hrabák betonte ebenfalls den Einzelfallcharakter:

„Es kann gewisse Signale geben, dass die Impfung vom Kind schlecht vertragen wird und weitere Probleme zur Folge haben könnte. Oft begegnen uns Fälle, in denen Kinderärzte dies bagatellisieren und trotz solcher Signale impfen. Dieser Beschluss des Verfassungsgerichts ist eine Chance, dass diese Eltern bei jemandem Gehör finden.“

Roman Prymula  (Foto: David Němec,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Der Vorsitzende der Tschechischen Impfgesellschaft, Roman Prymula, befürchtet aber, dass die Beurteilung der Gewissensgründe zu viel Spielraum lässt:

„Jeder, der sich entscheidet, sich nicht impfen zu lassen, kann mit Hilfe seiner Freunde in den sozialen Netzwerken ausreichend drastische Formulierungen finden, damit diese Ausnahme fast zu einer Regel wird. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man beurteilen wird, wessen Gewissen wichtiger ist.“

Das Verfassungsgericht hat sich bisher in dreizehn Fällen mit der Pflichtimpfung befasst. Es bestätigte zum Beispiel, es sei in Ordnung, wenn ein Kind wegen fehlenden Impfungen nicht in den Kindergarten aufgenommen wird. 2011 kam das Verfassungsgericht den Impfgegnern entgegen, als es beschloss, dass man in individuellen Fällen aus religiösen Gründen die Impfung ablehnen könne.