Masern in Tschechien auf dem Vormarsch

Illustrationsfoto: Dave Haygarth on Foter.com / CC BY 2.0

Im ersten Halbjahr wurden in Europa mehr als doppelt so viele Masernfälle registriert als im Vorjahreszeitraum. Auch Tschechien ist stark davon betroffen.

Illustrationsfoto: Dave Haygarth on Foter.com / CC BY 2.0

Roman Prymula  (Foto: Archiv des tschechischen Gesundheitsministeriums)
Die Weltgesundheitsorganisation WHO ist besorgt über den erneuten Vormarsch der Masern in Europa. Den Status als Masern-frei haben aktuell nur noch 35 der 53 Länder des Kontinents. Deutschland aber zum Beispiel, Frankreich und Italien gelten nicht als Masern-frei, Tschechien hatte diesen Status bis vor kurzem noch inne. Am Donnerstag hat die WHO allerdings vier Länder aufgrund der Krankenzahlen von 2018 umgestuft. Tschechien ist neben Großbritannien, Griechenland und Albanien mit dabei.

Der Verlust des Status sei eine Formsache. Dadurch werde ausgedrückt, wie hoch die Zahl der Masern-Fälle in einem Land liege, erklärte der Vorsitzende der Tschechischen Vakzinologischen Gesellschaft und stellvertretende Gesundheitsminister, Roman Prymula. Zugleich mahnte er, dass dies ein Alarmsignal sei, auf das Tschechien reagieren sollte.

Noch 2010 wurde kein einziger Patient mit Masern hierzulande gemeldet. Nach Angaben des tschechischen Gesundheitsministeriums haben sich 2019 bisher schon fast 600 Menschen mit dem Virus angesteckt. Im ganzen vergangenen Jahr waren es 203 Menschen. Am schlimmsten war die Lage in diesem März. Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos):

Adam Vojtěch  (Foto: Michaela Danelová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Die Lage hat sich jüngst deutlich verbessert. Anfang des Jahres lag die Zahl der Fälle ziemlich hoch. In den letzten Wochen gab es aber fast keine neuen Fälle mehr. Die Lage hat sich stabilisiert.“

Das Gesundheitsministerium warnt vor allem vor Desinformationen in Social Media. Dort äußern sich einige Teilnehmer skeptisch zu Impfungen. Das hat zur Rückkehr der Krankheit beigetragen. Gesundheitsminister Vojtěch:

„In den sozialen Netzwerken werden falsche Informationen verbreitet. Die Menschen teilen diese, ohne Fachkenntnisse zu haben. Sie glauben den Informationen, auch wenn sie nicht wahr sind.“

Solche Desinformationen führten dann zur Senkung der Durchimpfungsrate. Martina Suchánková vertritt den Verein Rosalio, der sich für eine freie Wahl bei der Impfung einsetzt. Sie nennt ein Argument gegen die Vakzine:

Foto: Tschechisches Fernsehen
„Die Zahl der Erkrankungen bei Kindern ohne Impfung ist sehr gering. Die meisten neuen Erkrankungsfälle sind Erwachsene, die in ihrer Kindheit einmal geimpft worden sind.“

Der Verlust der Immunität bei Erwachsenen, die in ihrer Kindheit nur eine Dosis bekommen haben, ist tatsächlich ein weiterer Grund für die Ausbreitung der Masern. Deswegen hat das Gesundheitsministerium sein Impfsystem verändert.

„Wir geben nun zwei Dosen des Impfstoffes. Früher bekam man eine im 15. und die andere im 21. Lebensmonat. Nun haben wir die Impfung mit der zweiten Dosis ins sechste Lebensjahr verschoben.“

In der ehemaligen Tschechoslowakei wurden vor genau 50 Jahren, am 1. September 1969, obligatorische Impfungen gegen Masern eingeführt. Die sogenannte kollektive Immunität gegen Masern entsteht bei einer Durchimpfungsrate von 95 Prozent der Bevölkerung. Tschechien hat diese Bedingung zuletzt 2014 erfüllt.