Innenministerium plant erneutes Verbotsverfahren gegen die Arbeiterpartei

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Keine Woche vergeht mehr, ohne dass schwarz gekleidete Neonazis in Bomberjacken und Springerstiefeln irgendwo in Tschechien aufmarschieren. Auch am vergangenen Wochenende versammelten sich wieder in mehreren Städten Anhänger der rechtsextremen Arbeiterpartei. Das Innenministerium will nun erneut ein Verbotsverfahren gegen die Partei anstrengen. Der letzte Versuch war erst vor wenigen Wochen gescheitert.

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In Tschechien macht sich Besorgnis breit. Es stehen Europawahlen und Parlamentswahlen an und die Neonazi-Szene gewinnt an Zulauf. Sollte die rechtsextreme Arbeiterpartei mehr als 1 Prozent der Wählerstimmen gewinnen – dafür braucht sie bei den Europawahlen etwa 23.000 Stimmen - dann hätte sie Anspruch auf staatliche Unterstützung. Ein erster Antrag auf ein Verbot der Partei scheiterte im Frühjahr kläglich. Das Verfassungsgericht in Brno / Brünn lehnte ihn aus Mangel an Beweisen ab. Martin Pecina, der Innenminister der Übergangsregierung, will einen erneuten Versuch wagen:

Martin Pecina  (Foto: ČTK)
„Wir tun alles dafür, damit das Material nun ausreichend ist und versuchen die Situation zu korrigieren. So einfach ist das.“

Dabei sei aber die Gefahr des Scheiterns durchaus gegeben, räumt Pecina ein.

„Das kann passieren. Aber diese Dinge müssen wir wieder und wieder versuchen.“

Politische Verantwortung für ein erneutes Scheitern müsste die Übergangsregierung aber wahrscheinlich ohnehin nicht mehr übernehmen. Ein neuer Verbotsantrag kann erst nach Ablauf einer sechsmonatigen Frist im September eingereicht werden. Im Oktober finden vorgezogene Neuwahlen in Tschechien statt.

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Pecinas Amtsvorgänger Ivan Langer warnt indes vor Schnellschüssen. Getreu dem Motto „Aus Schaden wird man klug“. Denn seinen eigenen Verbotsantrag bezeichnete das Verfassungsgericht im März als mangelhaft ausgearbeitet:

„Ich würde einen neuen Versuch nicht um jeden Preis unternehmen, sondern nur dann, wenn wir sicher sind, dass die Bedingungen des Gerichts erfüllt sind und der Antrag Chance auf Erfolg hat“, so Langer.

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Einig ist man sich, dass die gesellschaftlichen Ursachen des wachsenden Extremismus in Tschechien eingedämmt werden müssen. Die Vorstellung einer neuen Strategie dazu war eine der letzten Amtshandlungen der gestürzten Topolánek-Regierung. Die Politiker müssten sich dabei aber auch an die eigene Nase fassen, findet der amtierende Innenminister Pecina:

„Das Wichtigste, was wir tun sollten, und was in den vergangenen drei oder mehr Jahren versäumt wurde, ist dieses Kokettieren mit fremdenfeindlichen Positionen in der politischen Auseinandersetzung und im Wahlkampf.“

Ein Hinweis, der sicher auch auf seinen Vorgänger Ivan Langer gemünzt war. Der machte in der Vergangenheit immer wieder mit provokanten Aussagen zur tschechischen Roma-Minderheit von sich reden.