Institut für Roma-Studien in Karlovy Vary / Die Figur des Altvaters

Herzlich willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer, zu einer weiteren Ausgabe des Regionaljournals. Heute werden wir zuerst das Institut für Roma-Studien in Karlovy Vary besuchen, das seine Tätigkeit vor 4 Monaten aufgenommen hat. Mit einer weiteren Neugründung machen wir Sie im Rahmen des zweiten Besuchs in Nordmähren vertraut. Hierzu verraten wir Ihnen nur, dass es sich um eine märchenhafte Geschichte handelt, bei der alte Bergschützer oberhalb von Bergkämmen fliegen werden. Bei all dem wünschen Ihnen gute Unterhaltung und ungestörten Empfang Silja Schultheis und Dagmar Keberlova.

Die unbefriedigenden Beziehungen zwischen der in Tschechien lebenden Roma-Minderheit und der Nicht-Roma Mehrheit bietet häufig Anlass zu verschiedenster Kritik aus dem In- und Ausland. Vor allem seitens der Europäischen Kommission wird oft auf die schlechte Situation hingewiesen, die problematisch für einen EU-Beitritt Tschechiens sein könnte. Gegenwärtig sind in Tschechien mehrere Projekte im Gange, die teilweise von der EU finanziell unterstützt werden und zur Verbesserung der bestehenden Situation beitragen sollen. Da diese Problematik permanent aktuell ist, sind wir in die westböhmische Kreisstadt Karlovy Vary/Karlsbad aufgebrochen, wo seit Ende November das Institut für Roma-Studien arbeitet. Hauptziel dieses Instituts ist es, die Arbeit verschiedener Organisationen und der staatlichen Verwaltung in den Roma - Kommunitäten zu verbessern. Der Impuls, so ein Zentrum zu gründen, kam sowohl vom Gremium der regionalen Roma-Vertreter als auch von der internationalen Vereinigung Roma Nation Congress. Mehr hierzu von Ladislav Bily vom Institut für Roma-Studien in Karlovy Vary:

"Der Roma Nation Congress beauftragte das Gremium der regionalen Roma-Vertreter, eine passende Niederlassung für diese Institution in der Tschechischen Republik zu finden. Zur Auswahl standen drei Städte- Karlovy Vary, Rokycany und Chrudim. Karlovy Vary wählte man letztlich aus, weil hier die besten Bedingungen vorgefunden wurden und die Zusammenarbeit mit der Stadt sehr gut ist."

Die Tätigkeit des Instituts sichern sechs Fixangestellte und mehrere externe Mitarbeiter. Wie gesagt, hat das Institut seine Arbeit bereits aufgenommen. Über die konkreten Aufgaben spricht der Mitarbeiter des Instituts, Ladislav Bily:

"Unser Hauptanliegen konzentriert sich auf diverse soziologische Untersuchungen in den Roma-Kommunitäten der Tschechischen Republik. Ein Pilotprojekt haben wir bereits durchgeführt. Hierzu suchten wir uns die Stadt Karlovy Vary aus, wo wir die aktuelle Lage in den Bereichen Beschäftigung, Wohnen und Bildung untersucht haben."

Soweit Ladislav Bily. Für dieses Pilotprojekt entschloss man sich, da in dem Jahresbericht der Europäischen Kommission diese Thematik angesprochen wird, sagte der Sprecher des Gremiums der regionalen Roma-Vertreter Ondrej Gina. Laut Gina sollen auf diese Weise bislang fehlende Daten gewonnen werden. Aus den konkreten Untersuchungen in verschiedenen Teilen der Tschechischen Republik soll ein realistisches Bild der aktuellen Situation vor Ort entstehen, das dann zur weiteren Arbeit der betreffenden Organisationen und Institutionen dienen soll. Das Institut arbeitet auch mit der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Karlsuniversität zusammen, an die die Ergebnisse der Untersuchungen ebenfalls weitergeleitet werden. So sind voraussichtlich ähnliche Ermittlungen in der ganzen Tschechischen Republik geplant, da es laut Ladislav Bily erhebliche Unterschiede zwischen dem Westen und Osten des Landes gibt.


Die Figur des Altvaters könnte einigen von Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, bekannt sein. Vor allem denjenigen, die bereits einmal das nordmährische Gebirge, das seinen Namen trägt - das Altvatergebirge - besucht haben. Wie sieht eigentlich der Altvater aus und wer ist er? Über seine Gestalt weiß man nicht so viel, er ist der gute Geist der Berge und schützt alle guten Menschen, die in seinem Königreich leben. Meist tritt er verkleidet auf und in den Legenden und Märchen, die mit seiner Figur verbunden sind, hat er einen langen Mantel an und einen Hut auf. Auch wenn man vom ihm nicht viel weiß, beschloss man, diese mythische Figur als Ausgangspunkt für ein Projekt zu verwenden, das nicht nur den Altvater, sondern die ganze Gegend um das Altvatergebirge berühmt machen soll. In fünf mährischen Bezirken und einem Teil Polens wurde vor einigen Tagen das sogenannte Altvaterland gegründet. Der Altvater ist der Vater aller Bewohner dieser Bezirke und soll sie unter anderem an die Zugehörigkeit zu ihrem Land erinnern. Über die Hauptmotive, die die Menschen in dieser Region zur Gründung dieses Landes geführt haben, erzählt Ljuba Kielarova aus Mala Moravka im Altvatergebirge:

"Dies alles initiierten wir vor allem deshalb, weil es sich um eine Region handelt, die durch die Vertreibung von 3,5 Millionen Deutschen und Neuansiedlung von 2,5 Millionen Menschen nicht nur aus Tschechien sehr in Mitleidenschaft gezogen wurde. Es gibt hier keine Traditionen, keine typischen örtlichen Produkte und das fehlt nicht nur den Einwohnern des Altvatergebirges, sondern auch den Touristen."

Deshalb wurde laut Ljuba Kielarova mit der Produktion von Altvaterbrot begonnen, das Altvaters Geldbeutel genannt und in der Bäckerei in Mala Moravka hergestellt wird. Oder die Paprikawurst des Altvaters, die ein Metzger in Bruntal erzeugt. Und weitere Produkte, wie Milch- und Bioprodukte, sind im Entstehen, sagte sie Mitgründerin des Altvaterkönigreichs Ljuba Kielarova.

Einige Sachen, die an das Altvaterland erinnern sollen, gibt es bereits, wie die Landkarten des Altvaterlandes, die seit ca. einem Jahr existieren, weil die Idee des Landes älter ist, nun änderte sie bloß die Bezeichnung und die Form. Begonnen hat alles bei der Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum für Landtourismus. Dann kam das EU-Geld zur Unterstützung der Entwicklung der tschechisch-polnischen Grenzregion. Gegen den Vorschlag, dem Land den Namen Altvaterreich zu geben, erhoben sich die Menschen und letztendlich einigte man sich auf die Bezeichnung Altvaterland. Damit waren auch die dazugehörenden polnischen Städte einverstanden und schlossen sich der Initiative an.

Was für nächstes Jahr geplant ist, erzählt Frau Kielarova weiter:

"Für nächstes Jahr bereiten wir ein Altvatergebirge-Gästebuch vor. Wir wollen uns wirklich etwas Neues ausdenken und nicht die existierenden Produkte des Walachischen Königreichs kopieren, auch wenn sie uns bei der Umsetzung der Idee sehr geholfen haben," bezieht sich Frau Kielarova auf das andere Königreich, das sich in Tschechien befindet und das wir Ihnen im Rahmen des Regionaljournals bereits vorgestellt haben. Aber auch aus den Schwierigkeiten des Walachischen Königreichs haben sie im Altvatergebirge gelernt und deshalb wird hier keine lebendige Person gewählt, um den Altvater zu verkörpern. Im Walachischen Königreich gibt es nämlich gerade einen kleinen Krieg, da König Boleslav der I. von seinen Untertanen abberufen wurde, weil er seinen Pflichten nicht genügend nachgegangen ist. Also Schwierigkeiten dieser Art sollen im Altvaterland vermieden werden und deshalb wurde auf die Idee des Altvaterkönigs als Patron verzichtet.

Offiziell wird das Altvaterland am kommenden Wochenende direkt auf dem Altvaterberg vorgestellt, der knapp 1500 hoch ist. In dem dortigen Fernsehturm, der gleichzeitig auch das Wahrzeichen des Gebirges ist, werden die Ergebnisse von zwei Wettbewerben, einem literarischen und einem bildnerischen, bekannt gegeben, die mit dem Altvaterland zusammenhängen. Dass die Menschen sich dafür interessieren, beweisen die über 400 eingegangene Werke, von denen das schönste Altvatermärchen und die eindrucksvollste Hexe ausgesucht werden. Die Werke bleiben dann im Restaurant des Turmes ausgestellt. Eine Hexe, die 1,7 Meter groß und 100 Kilo schwer sein wird, gestaltete zum Beispiel auch der Bürgermeister von Jirikov Jiri Halouzka. Hexen gab es bei uns auf den Peter´s Steinen schon immer, sagt Bürgermeister Halouzka und fügt hinzu, dass es eine sehr gute Idee ist, die der Beschäftigung in der Region helfen könnte.