Internationale Tagung über das Strafrechtssystem in der Tschechischen Republik

Seit Montag weilen in Tschechien eine Reihe von Strafjuristen, Sozialarbeitern und Fachleuten der Strafrechtspflege aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden um sich mit den Gepflogenheiten des hiesigen Rechtssystems aber auch des Strafvollzugs vertraut zu machen. Unsere freie Mitarbeiterin Marcela Pozarek berichtet von der Konferenz.

Am Anfang, gleich nach der politischen Wende 1989 stand die nicht leichte Aufgabe, die tschechische Jurisprudenz aus den Fängen der kommunistischen Tradition zu befreien und daran beteiligte sich auch die Arbeitsgemeinschaft Deutsche Gerichtshilfe, zumal man mit der DDR in Fragen des Übergangs von einem Rechtssystem in ein anderes bereits Erfahrungen hatte. Wie der Vorstand dieser Arbeitsgemeinschaft Rainer-Dieter Hering, Radio Prag gegenüber ausführte, hat man schrittweise tschechischen Kollegen u.a. Schulungen angeboten. Aller Anfang ist schwer und in Tschechien sprechen sich Strafrichter noch gerne für unbedingte Haftstrafen aus, da man mit alternativen Strafen, wie z.B. gemeinnütziger Arbeit noch nicht grosser Erfahrung hat, aber auch da ändert sich die Einstellung und die Akzeptanz solcher Methoden, wie der Präsident der tschechischen Richterunion, Libor Vavra bestätigte:

"Ich denke die Akzeptanz steigt langsam. Natürlich entwickelt Holland die Alternativstrafen bereits seit 177 Jahren und das aus zwei Gründen. Einerseits weil es sich ganz einfach lohnt, Täter auf die man erzieherisch einwirken kann, sind weniger rückfällig und somit verübt er auch keine weiteren Straftaten mehr und der andere Vorteil der Alternativstrafen besteht darin, dass Gefängnisaufenthalte ganz einfach teuer zu stehen kommen, und wenn wir in Tschechien 23 000 Häftlinge haben, manche auch wegen Bagatellen, dann ist das für die Gesellschaft einfach ein unnötiger Kostenaufwand."

Mittlerweile ist es auch schon in Tschechien gang und gäbe geworden, dass man wegen eines kleineren Deliktes beispielsweise zu Schlosserarbeiten in der Gemeinde verknurrt werden kann. Viele Gemeinden haben aber noch keine Programme ausgearbeitet, die diese Arbeitskräfte einbeziehen und innerhalb des Strafverfahrens selbst werden immer noch eher konservative Methoden, wie Freiheitsentzug angewendet. Zu sogenannten aussergerichtlichen Tatausgleichen, bei denen sich Opfer und Täter an einen Tisch setzen kommt es noch selten. In den nächsten Tagen besuchen die ausländischen Strafrechtsexperten beispielsweise das Bezirksgericht in Kutna Hora Kuttenberg, das berühmt berüchtigte Gefängnis Ruzyne bei Prag und nehmen zum Abschluss am Freitag im Justizministerium an einer Konferenz über Sozialdienste in der Strafjustiz teil.

Autor: Marcela Pozarek
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