Invasion von TBC-Erregern mit GreenCard-Einführung befürchtet

Als letzte Instanz des legislativen Prozesses hat Staatspräsident Václav Klaus am Dienstag die Gesetzesnovelle über die Beschäftigung unterzeichnet, mit der unter anderem die so genannte GreenCard eingeführt wird. Ab 1. Januar 2009 wird sich die Tür zum tschechischen Arbeitsmarkt für ausländische Arbeitskräfte öffnen. In diesem Zusammenhang wird über Probleme diskutiert, die mit der GreenCard zunehmend ins Land geholt werden. Die Rede ist dabei von Krankheitserregern.

In der jüngsten Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt Tschechien zu den Ländern, die eine positive Bilanz in der Entwicklung der TBC-Erkrankungen und ein gut funktionierendes Kontrollsystem in diesem Fachbereich ausweisen. Im Jahr 2002 wurden hierzulande 1200 Tuberkuloseerkrankungen registriert, im vergangenen Jahr 870. Den Statistiken nach ist die Zahl der TBC-Erkrankten im Schnitt um sieben Prozent jährlich gesunken.

„Dass die Situation so positiv ist, kann man gerade darauf zurückführen, dass unser Kontroll- und Aufsichtssystem hierzulande fehlerfrei ist. In den 50 Jahren seiner Existenz hat es sich bewährt.“

Das sagte Pavla Nikodýmová, Chefärztin des Zentrums für Lungenkrankheiten in Ricany bei Prag und Komiteemitglied der Tschechischen Pneumologischen Fachgesellschaft, am Sonntag in der Politdebatte im Tschechischen Fernsehen. Nichtsdestotrotz spricht sie auch von einer tickenden Zeitbombe. Unter den erwähnten 870 Tuberkulosefällen wurde eine erhöhte Zahl von TBC-infizierten Ausländern, genau 17,6 Prozent verzeichnet.

„Es ist alarmierend, dass der Anteil der Ausländer an der Gesamtzahl der Menschen, die in diesem Jahr allein im Landkreis Mittelböhmen an Tuberkulose erkrankten, im Vergleich zu 2006 und 2007 auf dass Doppelte gestiegen ist.“

Die Mehrheit von ihnen kommt aus Ländern, die ein hohes Tuberkulosevorkommen aufweisen wie etwa die Ukraine, die Mongolei, Vietnam, aber auch Rumänien. Neue TBC-Fälle sind jüngst bei ausländischen Mitarbeitern der Firma Foxconn in Kutná Hora / Kutenberg und Pardubice /Pardubitz und im Pilsener Werk der Firma Panasonic aufgetaucht. Die Tschechische Pneumologische Fachgesellschaft setzt sich bereits seit Jahren für verschärfte Maßnahmen dagegen ein, bis jetzt ohne Erfolg. Nun scheint es soweit zu sein, dass neue Gesundheitskriterien für die Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften bis Ende Oktober von den zuständigen Stellen beschlossen werden.

Michael Vít  (Foto: ČTK)
Wie aus der Fernsehdebatte hervoging, werden die ausländischen Arbeitnehmer für den Arbeitsantritt in Tschechien eine Bescheinigung über ihren einwandfreien Gesundheitszustand brauchen, die sie sich in ihrem Herkunftsland anschaffen müssen. Michael Vít zufolge sollen sie aber auch eine ärztliche Untersuchung nach ihrer Ankunft in Tschechien absolvieren:

„Die Unternehmen, die Arbeiter aus dem Ausland beschäftigen wollen, müssen selbst die Untersuchungen hierzulande garantieren und auch in vollem Umfang finanzieren.“

Der Vizegesundheitsminister und Chef des Hygieneamtes, Michael Vít, wollte zwar in Bezug auf die zunehmende Zahl der Tuberkulosefälle bei Ausländern nicht von einer kritischen Situation sprechen, räumte aber ein, sie sei ernsthaft und man müsse nach einer Lösung suchen. Ihm zufolge müssen die einzuführenden Maßnahmen einen gesetzlichen Rahmen bekommen.

Seit geraumer Zeit wird in Tschechien noch eine andere Frage heftig diskutiert, die zwar in keinem direkten Zusammenhang zu den TBC-kranken Ausländern steht, auf diese aber indirekt Bezug nimmt. Gemeint ist die Schutzimpfung von Kindern gegen Tuberkulose. Alle tschechischen Kinder werden bereits ab dem viertem Tag nach der Geburt gegen TBC geimpft. Bei einem Teil der Kinder muß die Impfung einige Monate später noch einmal wiederholt werden. Mit 11 Jahren werden dann wieder alle Kinder gegen Tuberkulose geimpft. Gerade über die wiederholte Impfung, die in der medizinischen Fachsprache als Revakzination bezeichnet wird, scheiden sich hierzulande die Geister. In ihrer Reaktion auf die Rufe nach Abschaffung der Impfung mit 11 Jahren schlagen viele Fachärzte Alarm. Die einen berufen sich auf die positive Situation, die anderen verweisen auf die hohen Risiken, verbunden mit geöffneten Grenzen. Michael Vít:

„Unser Vorschlag basiert nicht nur auf tschechischen Daten. Wir haben ihn auch mit Experten des Europäischen Zentrums zur Kontrolle von Krankheiten sowie mit Kollegen vom europäischen Büro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) konsultiert. Ich muss sagen, dass die Mehrheit der EU-Länder die primäre Vakzination nur bei Risikogruppen durchführt, keine flächendeckende also. Es gibt Staaten wie zum Beispiel Holland, Deutschland, die einen weit größeren Emigrantenzustrom verzeichnen als Tschechien, und dort ist das Tbc-Vorkommen niedriger als bei uns. Dort kommen nur etwa 4-5 Fälle auf 100.000 Bewohner. Wir sollten also alle Risiken rational einschätzen, und gemeinsam eine Lösung dafür suchen, wie wir künftig unsere Bevölkerung schützen wollen.“

Die Fachärztin Pavla Nikodýmová warnt allerdings:

„Da ist Vorsicht geboten. Es ist bekannt, dass sich die Wirkdauer nach der Impfung auf zehn Jahre beläuft. Daher wird mit elf Jahren erneut gegen die Tuberkulose geimpft. Früher wurde es sogar dreimal wiederholt. Aus der Zeit als erst mit 13 Jahren geimpft wurde, wissen wir, dass zwischen dem 10. und dem 13. Lebensjahr ernsthafte Erkrankungen an der postprimären TBC verzeichnet wurden. Das ist ein Beweis dafür, dass die Wirksamkeit der Impfung bereits ausgeblieben war. Unsere Fachgesellschaft setzt sich daher kontinuierlich für die wiederholte Impfung mit 11 Jahren ein.“

Kinder sind nach Nikodýmovás Meinung heutzutage vermehrt negativen Einflüssen ausgesetzt. Viele Jugendliche besuchen Massenaktionen, bei denen das Risiko der Infizierung sehr hoch ist. Sie untermauert die Position eines Teils der Mediziner mit konkreten Daten:

„Im Vergleich zu anderen, darunter auch westeuropäischen Ländern, weisen Tschechien und die Slowakei - in beiden Ländern werden Elfjährige wiederholt gegen TBC geimpft - die niedrigste TBC-Erkrankungsrate in dieser Alterskategorie auf. Aufgrund der letzten drei Jahre haben wir eine Statistik erstellt, der eindeutig zu entnehmen ist: 80 bis 90 Prozent von denen, die zwischen dem 10. und dem 20. Lebensjahr an TBC erkranken, sind Patienten, die mit elf Jahren nicht mehr geimpft wurden.“

Die jahrelange Auseinandersetzung zwischen den Lagern der Impfungsbefürworter und der -gegner hat nun mit der nachweisbar steigenden Tendenz der TBC-Erkrankungen bei Ausländern offenbar einen ausschlaggebenden Impuls bekommen. Michael Vít:

„Darüber verhandeln wir schon seit mehreren Jahren. Hierzu wurde nun klipp und klar gesagt: In dem Moment, in dem es uns gelingt, einen Filter gegen die Tuberkulose-Importe in die Tschechische Republik einzusetzen, kann man die Revakzination aus dem Impfkalender der Elfjährigen streichen. Ich glaube, darauf können sich beide Lager einigen.“

Der Entwurf des in einem Rechtsrahmen beinhalteten „Filters“ soll also kompetenten Stellen zufolge in wenigen Wochen das Licht der Welt erblicken.