Janáčeks modernste Oper: „Osud“ in Ostrau

Leoš Janáček: „Osud“ (Foto: Martin Popelář, Archiv des Mährisch-Schlesischen Nationaltheaters)

Die Oper „Osud“ (Schicksal) gehört nicht gerade zu den häufig aufgeführten Werken von Leoš Janáček. Im Mährisch-Schlesischen Nationaltheater in Ostrava / Ostrau ist sie aber neu inszeniert worden. Dies hat nicht nur das dortige Publikum begeistert, sondern vor kurzem auch die Besucher des internationalen Janáček-Festivals in Brno / Brünn.

Leoš Janáček: „Osud“  (Foto: Martin Popelář,  Archiv des Mährisch-Schlesischen Nationaltheaters)

Die Oper Osud hatte ein bewegtes Schicksal. Erst 1958 gelang die Premiere – mehr als 50 Jahre nach der Entstehung des Werks und 30 Jahre nach dem Tod des Komponisten. Leoš Janáček hat die Oper in den Jahren 1904 bis 1905 geschrieben. Am Libretto arbeitete er mit der Lehrerin Fedora Bartošová zusammen, einer Freundin seiner kurz zuvor verstorbenen Tochter Olga. Der Hauptheld ist ein Komponist, der an einer Oper arbeitet. Seine persönliche Geschichte vermischt sich mit dem Musikwerk und mündet in eine Tragödie. Nach der sehr realistischen Jenufa habe Janáček eine sehr spezielle Oper geschrieben, erläutert der Musikwissenschaftler Jiří Zahrádka:

„Janáček sprach damals davon, dass er eine moderne Oper komponieren möchte. Das hat er weder über Jenufa, noch über seine späteren Werke gesagt. Das Sujet, wie also ein Komponist an einer Oper arbeitet, war zur Entstehungszeit durchaus beachtlich und etwas dekadent. Es passte aber in die Epoche. Als modern galten damals Opern wie ,Salome‘ von Richard Strauss oder auch veristische Opern. Man sollte vielleicht auch daran erinnern, dass sowohl Béla Bartóks Oper ,Ritter Blaubarts Burg‘ als auch Arnold Schönbergs ,Erwartung‘ erst später entstanden sind. Es ist bewundernswert, das Janáček nach einer neuen Opernform gesucht hat. ,Osud‘ ist zweifelsohne eines der interessantesten Werke dieser Epoche im internationalen Kontext.“

Leoš Janáček: „Osud“  (Foto: Martin Popelář,  Archiv des Mährisch-Schlesischen Nationaltheaters)
Aber auch aus musikalischer Sicht hält der Experte die Oper für ein Kleinod:

„Die Instrumentierung ist sehr interessant, die Musik ist phantastisch. Das dramaturgische Konzept der Oper ist verhältnismäßig kompliziert. Aber es ist zu erkennen, dass Janáček immer bemüht war, nach Neuem zu suchen. Und dies schätze ich sehr an ihm.“

Im Oktober vergangenen Jahres wurde Janáčeks ,Osud‘ im Mährisch-Schlesischen Nationaltheater in Ostrau neu inszeniert. Regie hatte Jiří Nekvasil, musikalisch studierte Jakub Klecker die Oper ein. Mit Recht waren nicht nur die Opernfans, sondern auch die Musikkritiker begeistert. Auf der Bühne wird zu Beginn in mitreißendem Tempo das Kurortleben in Luhačovice dargestellt, es erklingen Folkloremotive sowie Walzer. Etwas intimer ist der zweite Akt, der vier Jahre später im Arbeitszimmer des Haupthelden, des Komponisten, spielt. Im abschließenden Akt befindet man sich wieder einige Jahre später unter Musikstudenten. Diese warten darauf, dass der Komponist seine Oper endlich beendet.

Lukáš Bařák  (Foto: Martina Schneibergová)
Der junge tschechische Bariton Lukáš Bařák singt in der Oper gleich zwei Rollen. Nach der Vorstellung beim Festival in Brünn sagte der Sänger:

„Es ist die erste Oper von Leoš Janáček, in der ich singe. Für mich ist es eine wunderbare Erfahrung, denn ich komme aus derselben Region wie der Komponist. Darum kann ich genau erspüren, was in seiner Musik aus der Folklore stammt und warum Janáček das gerade so geschrieben hat. Es ist eine wunderschöne Musik, ich singe die Oper sehr gern. Die erste, kleinere Rolle im ersten Akt war für mich etwas schwieriger, weil ich einen älteren Mann singe. Aber im letzten Akt mime ich einen der Studenten, und diese Partie liegt mir sehr nahe.“

Leoš Janáčeks Oper ,Osud‘ wird auch in diesem Jahr noch einmal im Mährisch-Schlesischen Nationaltheater in Ostrau aufgeführt, und zwar am 18. und 29. Januar. Weitere Vorstellungen finden am 8. Februar, am 13. und 23. März, am 16. April und am 23. Mai statt.