Jindrich Streit: Fotograf muss ein wenig Demut zeigen

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Den Fotos sieht man an, dass sie mit viel Feingefühl und Hingabe entstanden sind. Jindrich Streit hat in den letzten vier Jahrzehnten Zehntausende Bilder geschossen. Nur ein Bruchteil davon kann in der Ausstellung gezeigt werden, die auf das ganze bisherige Werk des weltbekannten Fotografen zurückblickt. Sie wurde unter dem Titel "Jindrich Streit - Fotografien" im Haus Zur Steinernen Glocke auf dem Altstädter Ring in Prag am Mittwoch eröffnet.

Jindrich Streit  (Foto: Autorin)
Große Aufmerksamkeit erregte Jindrich Streit mit seinem Fotozyklus in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, für den er Dörfer rund um seinen damaligen Wohnort Bruntal / Freudenthal fotografiert hatte. Er war wahrscheinlich auch der einzige tschechische Fotograf, der wegen seines Dokumentarwerks vom Regime verfolgt wurde, wobei die Polizei nicht nur seine Aufnahmen, sondern auch die Fotonegative beschlagnahmt hat. Im Gegensatz zu den offiziellen idyllischen Bildern zeigte Streit das kollektivierte sozialistische Dorf aus der Zeit der so genannten "Normalisierung".

Die Wende von 1989 stellte für den Fotografen eine große Genugtuung dar. Sein Interesse hat sich jedoch nicht wesentlich geändert. Er hat das Dorfleben auch in anderen Ländern fotografiert. Neben dem Leben auf dem Lande kommen zudem weitere thematische Kreise hinzu: das Thema "schwere Handarbeit" und das soziale Thema geschlossener Kommunitäten. Fotos von alten Menschen, Behinderten, Drogensüchtigen, Gefangenen, aber auch von Menschen aus verschiedenen religiösen Gemeinschaften sind in der Ausstellung nicht zu übersehen. Dabei sind diese Bilder nie sentimental, aber sie wirken auch nicht eindringlich. Wie sucht der Fotograf den Weg zu diesen Menschen?

"Ich meine, dass man vor allem mit diesem Milieu und den Menschen innerlich verbunden sein muss. Es ist eine Frage der Kontemplation und der Bindung an die Menschen, dann gelingt es. Ich meine, dass der Fotograf ein wenig demütig sein muss. Er verlangt etwas von den Menschen, aber muss ihnen auch etwas von sich selbst geben. Das gegenseitige Verständnis ermöglicht ihm, die Verbindung zu dem Milieu und dadurch zurück zu den Menschen herzustellen."

Jindrich Streit wirkt seit 1994 als selbständiger Fotograf und wirkt an der Prager Filmakademie und an der Schlesischen Universität in Opava / Troppau. Einzigartig ist seine Tätigkeit auf der Burg Sovinec. Aus einem Dorf mit 17 Einwohnern machte er spontan ein Kulturzentrum. Seit 1974 organisiert er mit seiner Familie in Sovinec Ausstellungen von Gegenwartskunst, zu denen Interessenten aus Tschechien sowie aus dem Ausland kommen.

Die jetzige Ausstellung aus dem Werk von Jindrich Streit ist in Prag noch bis zum 2. Februar 2008 zu sehen.