Joanne-Rowling-Stiftung unterstützt zwei tschechische Pflegeheime

J. K. Rowling

Vor fast sechs Jahren sorgte sie für Aufregung in Tschechien: Joanne Rowling, Schriftstellerin und „Erfinderin“ des Zauberlehrlings Harry Potter. Aufgrund einer mit versteckter Kamera gedrehten Reportage der britischen Sunday Times kritisierte sie im Sommer 2004 die Verhältnisse in tschechischen Psychiatrien, vor allem aber die Verwendung von Gitterbetten. Die Kritik hat sich nun in eine Zusammenarbeit gewandelt. Die von Rowling 2006 mitbegründete Stiftung „The Children´s High Level Group“ (CHLG) wird zwei ostböhmische Pflegeheime mit geistig behinderten Kindern finanziell unterstützen. Vertreter der britischen Organisation haben dieser Tage einen entsprechenden Vertrag mit dem ostböhmischen Landkreis Pardubice unterzeichnet.

Im Prinzip geht es nicht nur um die Zusammenarbeit mit der Stiftung „The Children´s High Level Group“. Der ostböhmische Landkreis Pardubice hat im Dezember 2009 einen Plan zur grundlegenden Verbesserung der Pflegeheime für geistig Behinderte gebilligt. Das betrifft die Einrichtungen in Slatiňany und Ráby. 120 Millionen Kronen, rund 4,5 Millionen Euro, sollen dazu aus den EU-Sozialfonds geschöpft werden. Der Landkreis Pardubice und zwei weitere Regionen sind damit in ein Pilotprojekt eingestiegen, das die soziale Eingliederung benachteiligter Personen verbessern will. Miloslav Macela, der im Pardubicer Rathaus für Soziales zuständig ist, sagte dazu gegenüber dem Tschechischen Rundfunk:

J. K. Rowling
„Unser Ziel ist es, geistig behinderte Menschen aus Pflegeeinrichtungen in die Gesellschaft zu integrieren. Und Tschechien nimmt innerhalb der EU einen der Spitzenplätze ein, was die Zahl der geistig behinderten Kinder in Pflegeanstalten betrifft. Das wollen wir auch mithilfe der Joanne-Rowling-Stiftung ändern. Mit deren Know-How und einer finanziellen Unterstützung könnte es uns gelingen.“

Laut Statistik leben in Tschechien etwa 20.000 Kinder in Pflegeeinrichtungen, davon 530 in Ostböhmen. Hinzu kommen noch hunderte geistig oder mehrfach behinderte Kinder und Jugendliche, die in schlechten familiären Verhältnissen leben und denen die Unterbringung in einer Pflegeanstalt droht. Die Rowling-Stiftung (CHLG), die in Tschechien den ersten Vertrag über eine Zusammenarbeit mit der Region Ostböhmen unterzeichnet hat, will nun erst einmal das regionale Pflegesystem für geistig behinderte Kinder analysieren. Auf die Frage, ob die Auflösung der Pflegeeinrichtungen das Ziel sei, sagt Macala:

„Auch das kann man in Zukunft nicht ausschließen. Es ist aber nicht unser primäres Ziel. Menschen mit geistiger Behinderung sollen bei uns Lebensbedingungen vorfinden, die einem normalen Alltag so weit wie möglich entsprechen. Was die Kinder anbelangt, so bemühen wir uns, dass sie gar nicht erst in eine Pflegeanstalt kommen. Dafür müssen die betroffenen Familien finanziell besser unterstützt werden, damit sie die notwendige Pflege selbst gewährleisten können. Dasselbe gilt auch für Pflegefamilien.“

Nächstes Jahr wird der Landkreis Pardubice mit dem Bau von mehreren Zweifamilienhäusern und Gruppenwohnungen in drei Städten beginnen. In diese sollen in der ersten Etappe, so bald wie möglich also, 144 von den derzeitig 280 Menschen aus Slatiňany, der landesweit größten Pflegeanstalt für geistig Behinderte, einziehen.