„Rent-a-baby.cz“: Internet-Künstlerin sorgt für Aufregung
„Rent a car“ – das kennt jeder. Über zig Internetanbieter kann man sich den Wagen seiner Träume leihen. Aber ein Internetangebot wie „Rent a baby“, das schockiert. Und genau darum ging es der tschechischen Künstlerin Jana Štěpánová, die das Internetprojekt mit diesem Titel geschaffen hat. Bis Mittwoch drohten ihr dafür noch mehrere Jahre Haft. Radio Prag hat bei ihr nachgefragt, was sie mit der Internetseite erreichen wollte.
„Im Internetprojekt ´Rent-a-baby´ ging es mir vor allem darum, dass die Kinder schneller als es jetzt der Fall ist, in eine Pflegefamilie kommen oder adoptiert werden.“
Tschechien sei das Land innerhalb Europas, in dem die meisten bis zu drei Jahre alten Kinder in Säuglings- und Kinderheimen stecken, beklagt Jana Štěpánová. Das Internetprojekt war im Rahmen einer Ausstellung entstanden, die auch vom Ministerium für Arbeit und Soziales gefördert wurde. Für das Ministerium war aber mit dem vermeintlichen Angebot die Grenze der Kunst überschritten. Es erstattete Anzeige gegen Jana Štěpánová wegen Kinderhandel und Missbrauch persönlicher Daten.
Die Künstlerin hält die Kritik für unbegründet. Alles sei Fiktion:„Die Fotos habe ich vor allem aus der Reklame auf ausländischen Webseiten übernommen. Aber ich habe sie danach digital bearbeitet und verändert, denn die konkreten Kinder sollten ja nicht zu erkennen sein. Die kurzen Lebensgeschichten und Schicksale der einzelnen Kinder sind auch fiktiv, aber sie sind ganz nah an der Wirklichkeit. Ein Mädchen von 10, 11 Jahren hat zum Beispiel seine Eltern verloren und lebt vorübergehend oder dauerhaft in einem Kinderheim. Und dort muss es lange ausharren, bis überhaupt eine rechtliche Grundlage für eine Adoption geschaffen wurde. Und dann erst kommt es sozusagen in den ´Wartesaal´ für eine eventuelle Adoption“, erklärt Jana Štěpánová.
Ein moralisches Problem sieht die Künstlerin nicht. Auch nicht darin, sich ein Kind quasi zu „leihen“. Pflegefamilien seien immer besser als überfüllte Kinderheime, meint sie. Mit ihrer Fiktion will Štěpánová auf einen realen Misstand aufmerksam machen. Zielscheibe ihrer Kritik seien die Ämter und der Gesetzgeber. Der ganze formale Adoptionsprozess dauere zu lange für die Kinder:„Am wichtigsten ist erst einmal, dass die Zeit verkürzt wird, die es dauert um ein Kind adoptieren zu können. Sie brauchen ein familiäres Umfeld. Gegenwärtig dauert der ganze Prozess drei bis fünf Jahre. Und das ist natürlich für das Kind am allerschlechtesten.“
Die Internetseite „Rent-a-baby“ habe nicht wenige kinderlose Eltern angesprochen, sagt Jana Štěpánová. Auch Unterstützung sei angeboten worden:„Ich habe jede Woche so zwei bis drei ganz reale Bestellungen bekommen. Die Interessenten haben dort sogar ihre Familiensituation beschrieben. Sie wollten tatsächlich entweder das Kind quasi ausleihen oder gleich adoptieren. Aber einige Leute haben sich auch an uns gewandt und einfach gefragt, was sie tun können, wie sie helfen können.“
Die Polizei hat im Übrigen die Anzeige gegen die Künstlerin Štěpánová fallen lassen.