Journalistenpreis des Zukunftsfonds: Stereotype abbauen und mehr Verständnis schaffen

Tomáš Jelínek (Foto: Archiv des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds)

Hauptsächlich durch die Medien entstehen Bilder vom jeweils anderen. Diese können positiv, aber auch negativ sein. Bei Nachbarn, wie es Deutschland und Tschechien sind, ist das mediale Image umso wichtiger. Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds hat nun einen Journalistenpreis ausgeschrieben. Worum es dabei genau geht, erklärt Tomáš Jelínek, der Leiter des Zukunftsfonds in einem Gespräch.

Tomáš Jelínek  (Foto: Archiv des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds)
Herr Jelínek, der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds hat einen Journalistenpreis ins Leben gerufen. Worum geht es genau?

„Jeder von sieht, dass Journalisten heutzutage unter großem Druck stehen. Es geht dabei um einen wirtschaftlichen, inhaltlichen, aber auch einen gesellschaftlichen Druck. Gerade in der Gesellschaft werden die Journalisten oft als Feinde gesehen. Wir vom Zukunftsfonds haben aber eine ganz andere Auffassung von Journalismus. Eine gute und differenzierte Berichterstattung ist die Grundvoraussetzung für einen intensiven und konstruktiven Dialog zwischen zwei Ländern. Das ist unter anderem auch eine Hauptaufgabe des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds. Wir haben uns deswegen entschlossen, gerade diejenigen Journalisten zu würdigen, die einen Beitrag zu diesem Dialog leisten.“

Flüchtlingskrise  (Foto: Ggia,  CC BY-SA 4.0)
Die Deutsch-Tschechischen Beziehungen sind trotz Differenzen in der Flüchtlingskrise gut. Warum ist dieser Journalistenpreis jetzt so wichtig? Immerhin zeichnet er ja einen besonderen Beitrag zum gegenseitigen Verständnis aus…

„Wir sehen gerade in der aktuellen Debatte zur Flüchtlingskrise, wie wichtig es ist, nicht schwarz-weiß zu informieren. Entscheidend ist, unter die Oberfläche zu gehen. In den beiden Gesellschaften sollen keine neuen Stereotype und Vorurteile aufkommen. Die guten Beziehungen zwischen Deutschland und Tschechien kommen auch einer Verpflichtung gleich: Wir müssen uns bemühen, dass die Beziehungen auch gut bleiben. Manchmal ist das auch schwieriger, als die Beziehungen zu verbessern. Mit dem Journalistenpreis möchten wir genau das unterstützen.“

Foto: Rasande Tyskar,  CC BY-NC 2.0
Sie sprechen davon, dass gerade in der Flüchtlingskrise wieder Stereotype aufkommen. Konnten Sie das auch in Ihrer Arbeit konkret beobachten?

„Ja, natürlich. Es ist gerade die Teilung Europas in West und Ost, die auch deutlich in den Medien sichtbar ist. Man sieht dabei auch Dinge, die in der Tat nicht der Realität entsprechen. Der Diskurs in Deutschland zu den Migranten beispielsweise. Er fand von Anfang an nicht nur unter dem Motto ‚Willkommenskultur‘ statt. So wurde es in Tschechien aber meist dargestellt. Genauso glaube ich, dass der Diskurs in Tschechien nicht nur xenophob und gegen die Flüchtlinge ausgerichtet ist.“

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Bisher haben wir nur über aktuelle Gegebenheiten gesprochen. Wie sieht es aber mit der Geschichte aus? Denken Sie, dass die schwierige deutsch-tschechische Vergangenheit immer noch ein Thema und Problem in den Medien ist?

„Die Geschichte war kein ausschlaggebendes Argument für diesen Journalistenpreis. Es geht uns wirklich um aktuelle Themen. Aber es gibt nach wie vor interessante aktuelle Phänomene in den beiden Gesellschaften, die sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen. Diese treiben den Dialog über die Geschichte auch weiter an. Es lohnt sich immer, sich mit diesen Phänomenen und Entwicklungen in der Gesellschaft zu beschäftigen. “

Was wären denn solche Phänomene und Entwicklungen?

„Es geht natürlich um die große Debatte in Tschechien über die Aufarbeitung der Vertreibung der Deutschen. In dieser Richtung sehen wir immer mehr interessante Impulse und Projekte. Das sollte in diesem Zusammenhang auf jeden Fall hervorgehoben werden.“

Was erwarten Sie von den Bewerbern, und wer kann denn überhaupt teilnehmen?

„Die Kriterien haben wir absichtlich ganz offen formuliert. Wir haben insgesamt drei Hauptkategorien: Textbeiträge, Audiobeiträge und multimediale Beiträge. Multimedial umfasst dabei Fernsehen und Internet. Eine Grundvoraussetzung ist, dass der Beitrag zwischen dem 1. Juli 2015 und dem 30. Juni 2016 in einem Medium erschienen ist. Die Beiträge sollen auf Deutsch oder Tschechisch sein. Am Ende werden in jeder Kategorie jeweils zwei Gewinner ausgewählt.“

Foto: Kristýna Maková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Müssen die Bewerber aus Tschechien oder Deutschland sein? Oder ist der Wettbewerb auch für weitere europäische Journalisten offen, die sich mit dieser Region beschäftigen?

„Es geht nicht um die Herkunft der Autoren. Es geht vor allem darum, etwas dafür zu leisten, dass sich unsere beiden Länder als Nachbarn verstehen. Die Beiträge müssen aber auf Deutsch oder Tschechisch sein. Auf der anderen Seite müssen sie sich nicht unbedingt direkt mit den nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Tschechien befassen. Es können auch tschechische Beiträge sein, die differenziert über die Politik, Kultur, Gesellschaft oder den Alltag in Deutschland berichten, oder deutsche Beiträge, die differenziert die Lage in Tschechien darstellen. Ebenso lässt sich das Zusammenleben beider Länder in Europa thematisieren.“

Wer wählt die Preisträger aus, wie setzt sich die Jury zusammen?

„Wir arbeiten von Anfang an intensiv mit dem deutschen und dem tschechischen Journalistenverband zusammen. Diese haben dem Deutsch-Tschechischen-Zukunftsfonds die Juroren vorgeschlagen. Wir haben uns selbstverständlich auf die Expertise der Verbände verlassen. Insgesamt gibt es für jede der drei Kategorien fünf Juroren, die alle renommierte Journalisten sind. Unter ihnen sind zahlreiche Korrespondenten deutscher Medien in Tschechien, aber auch andere namhafte Medienleute aus den beiden Ländern. Auf jeden Fall ist die Jury fähig, eine gute Auswahl zu treffen.“

Foto: graur razvan ionut,  FreeDigitalPhotos.net
Was erwartet den Preisträger?

„Der Preis sind 2000 Euro in jeder Kategorie, jeweils für einen tschechischen und einen deutschen Beitrag. Es gibt aber noch zusätzlich den Sonderpreis ‚Milena Jesenská‘. Damit möchten wir Journalisten auszeichnen, die sich auf besondere Weise mit den Themen Zivilcourage, multikulturelle Verständigung und Toleranz beschäftigt haben.“


Mehr Informationen zum Journalistenpreis sowie die genauen Teilnahmebedingungen sind auf der Webseite des Journalistenpreises nachzulesen: www.deutsch-tschechischer-journalistenpreis.de