Jubiläum: Multitalent Jiří Šlitr wäre 100 Jahre alt geworden

Jiří Suchý und Jiří Šlitr

Jiří Šlitr war Komponist, Pianist, Liedermacher, Sänger, Schauspieler und auch Zeichner und Graphiker. Am 15. Februar hätte er seinen 100. Geburtstag gefeiert.

Jiří Šlitr | Foto: APF Tschechischer Rundfunk

Jiří Šlitr wurde 1924 geboren und stammte aus Zálesní Lhota / Huttendorf im Riesengebirgsvorland. Nach dem Münchner Abkommen vom September 1938 musste die Familie das Dorf verlassen und zog nach Rychnov nad Kněžnou / Reichenau an der Knieschna. Nach dem Kriegsende studierte Šlitr Jura an der Prager Karlsuniversität. Das Studium schloss er 1949 erfolgreich ab. Schon in Rychnov nad Kněžnou gründete Šlitr eine Band, die in den 1950er Jahren in Prag unter dem Namen Czechoslovak Dixieland Jazz Band auftrat. Bei den Auftritten lernte er Jiří Suchý kennen. Mit ihm zusammen gründete er 1960 in Prag das Theater Semafor, das später zu einer Legende geworden ist. Šlitr schrieb Musik für die Aufführungen und Suchý die Texte.

Jiří Šlitr war ein Multitalent. Obwohl er durch Musik und Theater berühmt wurde, fühlte er sich eher als bildender Künstler. Dabei hatte er den Spitznamen „Doktor Klavier“, weil er sehr virtuos die Tasten bediente. Zudem spielte er Akkordeon, Orgel, Gitarre, Trompete und Saxophon. 1965 schrieb er die Jazzoper „Ein gut bezahlter Spaziergang“, die Regisseur Miloš Forman 2007 im Prager Nationaltheater inszenierte.

Das Werk von  Šlitr ist umfangreich: Er schrieb 330 Songs, spielte in 20 Theaterstücken und in einigen Filmen. Zudem illustrierte er 20 Bücher. Seine Zeichnungen wurden bei Kunstausstellungen in Deutschland und in Kanada gezeigt.

Jiří Šlitr und Jiří Suchý | Foto: Tschechisches Fernsehen

Das Theater Semafor, in dem Kompagnon Jiří Suchý bis heute spielt, gehörte in den 1960er Jahren zur Spitze der tschechischen Kultur. Šlitr und Suchý schrieben ein Theaterstück nach dem anderen. 1968 unterschrieben sie beide das Manifest „2000 Worte“, das eine Weiterführung der Reformpolitik des Prager Frühlings forderte. Als dann im August die Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei einmarschierten, inszenierten die beiden Künstler ihr Stück „Ďábel z Vinohrad“ (zu Deutsch etwa „Der Teufel von Vinohrady“) neu, sodass es sich gegen die Invasion richtete. Jiří Šlitr starb am 26. Dezember 1969 in seinem Studio unter ungeklärten Umständen an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung.

Jiří Šlitrs Lieder werden bis heute gesungen. Er hat die tschechische Musik stark beeinflusst. An seine Musikstücke für das Theater Semafor haben zahlreiche Musiker angeknüpft, die für Kleinbühnen schreiben. 2019 wurde eine Auswahl aus seinen Bildern in der Galerie Villa Pellé in Prag gezeigt.