Junges Snowboardtrio greift in Sotschi nach den Medaillen

Šárka Pančochová (Foto: ČTK)

Die Olympischen Winterspiele in Sotschi rücken immer näher, schon in 16 Tagen werden sie feierlich eröffnet. In 15 Sportarten werden insgesamt 98 Disziplinen ausgetragen. Zehn Entscheidungen fallen dabei in einer Sportart, die sich in den letzten Jahren am schnellsten weiterentwickelt hat: im Snowboarden. Und in diesem dynamischen Olympiasport hat erstmals auch Tschechien sehr gute Medaillenchancen – dank dreier junger Frauen, die wir Ihnen nachfolgend vorstellen.

Im Extreme Park von Rosa Chutor finden die Wettkämpfe der Snowboard- und Freestyle-Disziplinen statt  (Foto: Archiv der Olympischen Winterspiele 2014)
Das Snowboarden feierte vor 16 Jahren, bei den Winterspielen 1998 in Nagano, seine olympische Premiere. Der Start erfolgte mit zwei Wettbewerben, die jeweils für Männer und Frauen veranstaltet wurden: das Halfpipe Snowboarding und der Snowboard Riesenslalom. 2002 wurde der Riesenslalom durch den Parallel-Riesenslalom ersetzt, und vor acht Jahren in Turin wurde auch Snowboardcross olympisch. In Sotschi kommen zwei weitere Disziplinen hinzu: Parallel Slalom und Slopestyle. In allen fünf Wettbewerben der Frauen werden auch Teilnehmerinnen aus Tschechien am Start sein, und zwar drei junge Damen, die mittlerweile zur Weltspitze gehören: Šárka Pančochová, Eva Samková und Ester Ledecká.



Šárka Pančochová  (Foto: ČTK)
Die Älteste des Trios ist Šárka Pančochová. Die 23-Jährige rollte schon in frühester Kindheit mit dem Skateboard durch die Straßen ihrer mährischen Heimatstadt Uherský Brod. Zu Weihnachten schenkten ihr die Eltern dann auch ein Snowboard, und seit dieser Zeit gab es für die bewegungsaktive Šárka kaum noch Zweifel: Ihre sportlichen Ambitionen im Floorball schraubte sie auf null zurück, um sich voll und ganz auf das Snowboarden zu konzentrieren. Mit Erfolg, denn in den Disziplinen Halfpipe und Slopestyle, die dem Skateboarden entlehnt sind, ist sie heute Weltklasse. Dies belegt ein Blick auf die aktuelle Weltcupwertung, in der sie gegenwärtig Zweite im Slopestyle ist. Ihre großen Fähigkeiten unterstrich sie erstmals bei der Junioren-Weltmeisterschaft 2008 in Italien, wo sie den WM-Titel in der Disziplin Big Air gewann. 2009 folgten erste Siege in zwei Europacup-Wettbewerben in der U-Rampe und 2010 erkämpfte sie den ersten Weltcupsieg im österreichischen Kreischberg. Diese Erfolge kamen nicht von ungefähr, weiß Šárka:

Šárka Pančochová  (Foto: ČTK)
„Zirka 40 Prozent von dem ist Talent. Weitere 40 Prozent macht das Training aus, und schließlich gehört hier und da auch etwas Glück dazu. Ansonsten aber muss man sich für den Erfolg abrackern.“

Bei den Olympischen Spielen vor vier Jahren in Vancouver musste sich Šárka Pančochová in der Halfpipe zwar mit dem 14. Platz begnügen, doch seitdem ist sie weiter gereift. 2011 errang sie mit Silber im Slopestyle ihre erste WM-Medaille bei den Damen und 2013 eroberte sie das gleiche Edelmetall bei den X-Games im amerikanischen Aspen. Wegen der unglaublichen Stimmung, die in Aspen herrsche, mache ihr gerade diese Veranstaltung sehr viel Spaß:

Šárka Pančochová eroberte Silber bei den X-Games in Aspen  (Foto: YouTube)
„Die X-Games sind ein großes Event in Amerika. Die Veranstaltung wird live im TV-Sender ESPN gezeigt, die Wettbewerbe haben einen völlig außergewöhnlichen Charakter, denn sie finden auch in einer ganz tollen Atmosphäre statt. Die X-Games darf man getrost als Extremsport ansehen. Doch gerade das hat mir viel gegeben und mich in der vergangenen Saison auch gepuscht.“

Einen ähnlichen Effekt erhofft sich Šárka Pančochová ab Donnerstag, wenn sie an den diesjährigen X-Games teilnehmen wird. Zwei Wochen vor Sotschi will sie dort noch einmal Kraft und Spaß tanken.


Eva Samková  (Foto: ČTK)
Die Lustigste unter Tschechiens Medaillenhoffnungen ist wohl Eva Samková. Zu ihren Wettkämpfen im Snowboardcross tritt die 20-Jährige nämlich häufig mit einem Schnurrbart an, den sie sich vor den Rennen ins Gesicht malt. Er ist vermutlich auch eine Art Glücksbringer, denn nach ihrem Weltcupsieg zu Saisonbeginn im österreichischen Montafon antwortete sie auf eine entsprechende Reporterfrage:

„Vielleicht ist er ein Glücksbringer, denn alle Rennen liefen für mich hervorragend. Meine Bemalung sollte ein mexikanischer Schnurrbart sein, doch der ist mir nicht gut gelungen. Dafür sah es umso lustiger aus. Doch ich denke, ich habe auch dank ihm gewonnen.“

Ihre internationalen Erfolge braucht die in Vrchlabí am Riesengebirge geborene Samková jedoch nicht allein dem kleinen Bärtchen zuschreiben. Schon im Alter von zwei Jahren stand sie auf Skiern, mit sieben Jahren stieg sie auf das Snowboard um. Seit zehn Jahren nimmt sie an Wettkämpfen teil. Sie begann im Freestyle, nach einem bösen Sturz mit Brüchen an Armen und Beinen wechselte sie dann 2008 zum Snowboardcross. Und in dieser Disziplin startete sie schnell durch: Von 2010 bis 2013 wurde sie dreimal Junioren-Weltmeisterin, ihren ersten Weltcupsieg feierte sie 2013 im kanadischen Blue Mountain. Anfang Januar 2011 konnte sie sich zudem bei den offenen deutschen Meisterschaften in Grasgehren durchsetzen. In ihrem Metier ist Eva Samková mittlerweile so selbstbewusst, dass sie auch keine Angst vor ihrer olympischen Premiere hat:

Eva Samková  (vorne). Foto: ČTK
„Wenn ich mich nicht verrückt mache, weil Sotschi meine ersten Winterspiele sein werden, dann wird das für mich ein Rennen wie jedes andere. Die Strecke wird auch fast identisch sein mit der, die ich dort schon getestet habe. Der olympische Wettbewerb wird womöglich sogar leichter sein als ein Weltcuprennen. Und zwar deshalb, weil sich für ihn auch Teilnehmer aus Ländern qualifizieren dürfen, die im Weltcup keine Chance haben. Ich freue mich schon darauf.“

Samková macht für den Snowboardcross-Wettbewerb in Sotschi, der nach dem K.o.-System ausgetragen wird, dann auch eine klare Ansage:

„Wenn ich nicht stürze, dann will ich mindestens Dritte werden. Das ist ein hochgestecktes Ziel, doch ich bin hoffnungsvoll. Meine Crew präpariert mir noch ein neues Brett und in der verbleibenden Zeit werden wir alles tun, um bis ins kleinste Detail für Sotschi vorbereitet zu sein.“


Ester Ledecká  (Foto: ČTK)
Die Jüngste unter den drei Snowboarderinnen aus Tschechien ist Ester Ledecká. Für ihre 18 Jahre aber bringt die Tochter des Sängers und Komponisten Janek Ledecký und Enkelin des ehemaligen Eishockey-Nationalspielers Jan Klapáč ein riesiges Talent mit. In ihren Disziplinen, dem Parallel Slalom und dem Parallel Riesenslalom, ist sie zweifache Junioren-Weltmeisterin des Jahres 2013. Im Slalom gehörte sie in der vergangenen Saison zu den Top 10 der Welt, und auf der kürzeren Parallelstrecke hat sie am letzten Samstag im slowenischen Rogla auch ihren ersten Weltcupsieg errungen. Ein Erfolg, den sie anfangs kaum begreifen konnte:

Šárka Strachová  (Foto: ČTK)
„Nach dem Rennen wusste ich zunächst gar nicht was los ist. Ich habe meinen Trainer gefragt, ob es noch irgendeinen Lauf gebe, doch er sagte nur: Nein, du hast den Weltcup gewonnen. Dann aber wusste ich erst recht nicht, wie ich darauf reagieren sollte, denn das war mir zuvor noch nie passiert.“

Dass sie diesen Erfolg verbuchen konnte, ist auch ein gutes Omen für Olympia. In ihren beiden Konkurrenzen wird Ester Ledecká dabei als jeweils Zweite der momentanen Weltcupwertung an den Start gehen. Doch damit nicht genug: Als sportlich aufgewachsenes Mädchen traut sie sich auch zu, in mehreren Wettbewerben des alpinen Skisports in Sotschi bestehen zu können. Da Tschechien in dieser Sportart bis auf Šárka Strachová so gut wie keine international konkurrenzfähigen Läuferinnen hat, macht sich Ledecká wirklich Hoffnungen:

Ester Ledecká  (Foto: ČTK)
„Für mich würde ein Traum in Erfüllung gehen, wenn ich in Sotschi auch auf Skiern antreten könnte. Denn das wünsche ich mir von Klein auf, als ich mit beiden Sportarten begonnen habe.“

Auf der anderen Seite aber ist sie froh, schon als 18-Jährige bei olympischen Spielen dabei zu sein. Und als Jüngste weiß sie auch zu schätzen, in Šárka Pančochová und Eva Samková zwei etwas erfahrene Snowboarderinnen an ihrer Seite zu haben:

„Ich denke, dass diese Mädels die Sache richtig anpacken und vorn dabei sein werden. Von daher bin ich sehr froh, zu ihnen dazuzugehören, denn das ist für mich eine Ehre.“

Autor: Lothar Martin
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