Kafka-Kabarett zwischen Surrealität und Kommerz
Es ist das große Kafka-Gedenkjahr. Auch das tschechisch-deutsche Kabarett Das Thema – To téma mischt da mit. Seine neueste Inszenierung heißt „Kafka has left the building“. Dabei sind die Zuschauer mit eingebunden in einen Pop-up-Store zu dem berühmten Autor aus Prag.
Mitte März fand im Divadlo Na zábradlí (Theater am Geländer) die Premiere des Stücks „Kafka has left the building“ statt. Die Inszenierung stammt vom Prager Performance-Kabarett Das Thema – To téma. Gemeinsam mit Regisseur Emil Rothermel haben sie 100 Jahre nach seinem Tod Kafka auf die Bühne gebracht, unvoreingenommen und eigenwillig.
Schauspieler und Produzent Philipp Schenker sagt, dass das Ensemble dabei eigentlich zwei Ebenen verfolgt habe:
„Die eine ist ein Pop-up-Shop, womit wir den ganzen Kafka-Kult und -Kitsch, also die ganze Kommerzialisierung auf die Schippe nehmen wollen. Und das, obwohl auch wir jetzt ein Stück im Kafka-Jahr machen. Zudem werden so viele Debatten, Konferenzen, Kongresse und dies und das veranstaltet, und wir sind ebenfalls ein Teil davon. Wir dachten aber, ein Literaturwissenschaftler muss das Thema ernster angehen, wir jedoch nicht.“
Kafka zweisprachig
Tatsächlich strotzt die Performance vor skurrilen und surrealen Elementen, sie arbeitet mit abstrusen Requisiten und einer Vielzahl von Bühnenbildern. Dies alles geschieht vor dem Hintergrund eines Souvenirshops, in dem Kafka-Streichhölzer, Kafka-Unterwäsche oder auch Kafka-Äpfel verkauft werden. In der Aufführung wird Kafkas Leben interpretiert, durch Zitate, Texte, bildliche Darstellungen von Szenen und Tanzperformances, die die Beziehung des berühmten Autors zu seinen Werken, zu sich selbst und zu den Menschen in seinem Leben verdeutlichen und humoristisch hinterfragen. All dies ist wie immer bei Das Thema – To téma zweisprachig, auf Deutsch und Tschechisch – so wie in dem Prag, das Kafka noch erlebt hat.
Gegenüber Radio Prag International äußern sich neben Philipp Schenker auch Emil Rothermel sowie die Ensemblemitglieder Roman Horák, Markéta Richterová und Halka Jeřábek Třešňáková zu der Inszenierung. Alle betonen, dass die Arbeit mit Kafkas Texten ihnen eine neue Sicht auf das Werk des Autors und auf dessen Leben gegeben hätte. Für Regisseur Rothermel war es faszinierend zu sehen, wie vielschichtig Kafka interpretiert werden kann. Die Erarbeitung des Stücks ging er dann auch dementsprechend spielerisch an. Und Schauspielerin Richterová ergänzt:
„Kafka habe ich in der Schule als Pflichtlektüre gelesen. Ich fand ihn total cool und habe immer angegeben, was ich alles gelesen habe – dabei hat das überhaupt nicht gestimmt. Und irgendwann habe ich Kafka nicht mehr gelesen, sondern habe mir ein paar Stücke angeschaut. Wenn ich aber zurückdenke, war das alles sehr klischeehaft. Sich mit Kafka jetzt zu beschäftigen, hat bedeutet, ihn wirklich mit Humor anzugehen.“
Lachen und Nachdenken
Bei der Aufführung bringen die Schauspielenden durch Improvisationsarbeit ihre eigenen Interpretationen und Provokationen ein. Das macht diese humorvolle und sarkastische Kabarettperformance aus, die das Publikum zum Lachen – und vielleicht auch zum Nachdenken – anregt.
Und Roman Horák unterstreicht, dass Kafka auch 100 Jahre nach seinem Tod weiter relevant ist – und zwar mit seinem Lieblingszitat des Autors: „Ich bin gekommen, um zu bleiben.“
Den gesamten Beitrag inklusive Interview mit den Ensemblemitgliedern können Sie auf unserer Website hören.
Die nächsten Aufführungen von „Kafka has left the Building“ gibt es am 7. April im Divadlo Na zábradlí und am 24. Mai im Rahmen der Buchmesse Svět knihy in Prag. Tickets sind auf der Webseite von Das Thema – To téma oder des Theaters am Geländer erhältlich.