Kafkas Leben und Reisen: neue Galerie in Siřem

Foto: Galerie Franze Kafky v Siřemi

Auf den ersten Blick ist nichts Besonderes an der westböhmische Gemeinde Siřem. In der Vergangenheit hatte sie aber einen berühmten Gast: Franz Kafka. Nun erinnert eine Galerie an den Schriftsteller.

Siřem  (Foto: Galerie Franze Kafky v Siřemi)
60 Häuser und etwa 82 Seelen: Das ist das Dorf Siřem / Zürau unweit der nordwestböhmischen Hopfenstadt Žatec / Saaz. Nichts Spektakuläres dürfte man meinen, wäre da nicht eine Heuwaage voll mit Fotografien und ein ganz besonderes Haus gleich gegenüber:

„Das Häuschen ist kaum zu übersehen: Es ist gelb gestrichen und hat zwei Hirsche auf der Fassade. Früher einmal war es ein Forsthaus, in dem die Familie des Jägers Feigel wohnte. Franz Kafka kam oft hierher zu Besuch, wie aus seinen Texten zu lesen ist. Aus diesem Grund haben wir hier auch eine Ausstellung aufgebaut, und zwar nicht nur über den Aufenthalt Kafkas hier in Siřem. Es wird auch einiges zu sehen sein über die Reisen Kafkas durch Europa.“

So erklärt die Journalistin Judita Matyášová, wo man seit vergangenem Samstag die neue Franz-Kafka-Galerie in Siřem findet und was dort zu sehen ist. Matyášová ist eine der Initiatorinnen der Ausstellungen und arbeitet schon seit mehreren Jahren an dem Projekt.

Franz Kafka mit seiner Schwester Ottla in Siřem | Foto: Galerie Kafka
Franz Kafka lebte vor genau hundert Jahren, also im Sommer 1917, in dem malerischen Dörfchen, das hauptsächlich vom Hopfenanbau lebte und lebt. Zufall war das keiner, denn seine Schwester Ottla hatte genau hier ein Haus. Und außerdem gab es nichts Besseres für die schwachen Lungen des wohl wichtigsten deutschsprachigen Schriftstellers, als die westböhmische Landluft. Doch das allein war nicht der Grund für die Galerie, wie Judita Matyášová erzählt:

„Eigentlich hatte der Fotograf Jan Jindra die ursprüngliche Idee für die Galerie. Er hat mich vor 14 Jahren dann auch eingespannt, denn genau so lange arbeiten wir mittlerweile schon zusammen an diesem Projekt. Jan Jindra hat damals gesagt, dass er irgendwie all die Orte zusammentragen möchte, an denen Kafka einmal gewesen ist. Also auf Dienstreise, im Urlaub oder einfach nur so. Er hat dann anhand der Tagebucheinträge, Briefe und Schriften Kafkas rekonstruiert, wo der Schriftsteller überall war. Herausgekommen ist dabei eine Collage aus kafkaesken Orten nicht nur in Tschechien, sondern auch etwa in Italien, Österreich und der Schweiz. Eigentlich wäre es einfacher gewesen, eine Ausstellung über die Orte zu machen, an denen Kafka nicht war.“

Entstanden sind einzigartige Fotografien, die Kafkas Reisen in die Gegenwart übersetzen. Und nicht nur das, sondern auch eine Art Reiseführer, der nun die Ausstellung begleiten soll. Fotograf Jan Jindra meint, dass man seine Bilder eigentlich als Ergänzung zu den Werken Kafkas sehen könne:

Foto: Galerie Kafka
„Die Arbeit hat lange gedauert, wobei man nicht sagen kann, dass wir 14 Jahre am Stück geschuftet hätten. Besonders anstrengend und zweitaufwändig war, Geld zu beschaffen für das Projekt und die ganzen Aufzeichnungen Kafkas zu durchforsten. Wir wollten nämlich nicht nur irgendwohin fahren, wo Franz Kafka gewesen ist. Wir wollten genau wissen, warum er dort hingefahren ist und was er dort gemacht hat. Die Menschen sollen den Ort nämlich aus einer breiteren Perspektive begreifen, wenn sie unseren Reiseführer in die Hand nehmen.“

Die Galerie hat aber noch einen zweiten Teil, neben den Exponaten zu Kafka in Siřem und den Reise-Fotografien. Junge Künstler bekommen da die Möglichkeit, ihren Blick auf Kafka zu zeigen. Den Anfang machen Kunststudenten aus dem ostmährischen Zlín.