Kampf der Korruption

tisicovky1.jpg

Das Thema Korruption steht hierzulande in diesen Tagen und Wochen immer wieder im Zentrum des Interesses nicht nur der Politiker, sondern auch der breiten Öffentlichkeit. Olaf Barth berichtet.

Warum das so ist, liegt auf der Hand. Schließlich nehmen nicht nur EU und ausländische Unternehmer den Filz auf tschechischen Ämtern und Behörden als gewichtiges Problem wahr, sondern vermehrt auch die tschechische Bevölkerung, wie zahlreiche Umfragen ergaben. Deshalb eignet sich das Thema in Wahlkampfzeiten wie diesen ganz besonders. Zumal es kaum verlässliche Zahlen dazu gibt, jeder kann also jene Angaben herauspicken, die ihm behagen und sie so auslegen, wie es seiner Couleur entspricht.

Und natürlich kann man auch Zeitungsseiten damit füllen. So konnte man der Donnerstagsausgabe der Tageszeitung "Lidove Noviny" u.a. eine Korruptionspreistabelle entnehmen. Demnach kostet ein Führerschein bis zu 10 000 Kronen, etwa 330 Euro, Schmiergeld, die Zuteilung einer gemeindeeigenen Wohnung bis zu 300 000 Kronen, die Legalisierung geschmuggelten Alkohols 2,7 Millionen Kronen und ein Posten im Aufsichtsrat eines Großunternehmens laut der Zeitung mehrere Millionen Kronen.

Von allen Seiten aufs Korn genommen wurde in letzter Zeit auch der von Innenminister Stanislav Gross unternommene Versuch, der Korruption mittels eines Systems der behördlich gesteuerten Provokation Herr zu werden. Die Regierung sprach sich für dieses von der US-Bundespolizei FBI abgekupferte Modell aus. Die Opposition spricht hingegen von der Rückkehr zum Polizeistaat und dies obwohl die unabhängige Antikorruptions-Organisation "Transparency International" dieses System als positiv befindet.

Was hält der Präsident des "Höchsten Kontrollamtes", Lubomir Volenik, von der gesteuerten Provokation?

"Ich persönlich meine, selbst wenn der Integritätstest - wie Gross die gesteuerte Provokation nennt - einen ernstgemeinten Versuch und keine Wahlpropaganda darstellen sollte, so ist er dennoch ein unglückliches System. Es gibt Hinweise, dass dieses System sogar in den USA missbraucht wurde, wo es eigentlich durch mehrere Instanzen gesichert und überwacht wird."

Außerdem sei der sog. Integritätstest nicht mit der derzeitigen tschechischen Rechtsordnung zu vereinbaren und des Innenministers Andeutungen, diese entsprechend zu modifizieren, sind laut Volenik eher unglücklich.

Der Präsident der höchsten tschechischen Behördenkontrollinstanz fordert stattdessen ein besseres Auswahlverfahren für Beamte mit genauen Einstellungskriterien und Psychotests. Des weiteren verbesserte Arbeitsbedingungen sowie regelmäßige Überprüfungen und Beurteilungen der Beamten durch sein Amt.

Sämtliche Behördenvorgänge müssten transparenter werden, was laut Volenik besonders für die Vergabepraktiken öffentlicher Aufträge gilt.

Den Oppositionsvorwurf an die Regierung, dass diese bei der Korruptionsbekämpfung auf ganzer Linie versagt habe, betrachtet er als überzogen und mahnt:

"Es ist auch nicht nur ein Kampf der Regierung. Wir brauchen einen breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens. Wir alle, jeder Minister, jeder Politiker, jeder Beamter und jeder Bürger muss bei sich selbst anfangen, der persönlichen Vorteilsnahme abschwören und somit die Korruption unterbinden."

Auf der internationalen Rangliste, dem von Transparency International erstellten Korruptionsindex, liegt Tschechien im Mittelfeld - 49. von 91. Wie beurteilt Volenik die tschechische Situation im internationalen Vergleich?

"Natürlich kann ich das Transformationsland Tschechien nicht mit den skandinavischen Ländern vergleichen, wo die Mentalität eine ganz andere ist und es gewachsene Traditionen gibt. Aber wenn man z.B. Frankreich, Italien oder vor allem Griechenland betrachtet, dort ist es um die Korruption nicht besser bestellt als hierzulande. Und ich wüsste auch gern, nach welchen Kriterien die sog. Korruptionsrangliste erstellt wird, denn die ist meiner Meinung nach nicht sehr objektiv."

Autor: Olaf Barth
abspielen