Kampf der Krise – mit einem nationalen Wirtschaftsrat und Finanzreserven

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Was machen gegen die weltweite Finanzkrise? Das ist eine der wichtigsten Fragen, die sich der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft stellen. Aber es ist auch immer mehr ein Thema für die eigene Wirtschaftspolitik der tschechischen Regierung.

Finanzminister Miroslav Kalousek
In Deutschland wird 2009 bereits im Vorgriff als Krisenjahr betrachtet. In Tschechien war das bis Weihnachten nicht so. Nach Weihnachten sagte Finanzminister Miroslav Kalousek in einem Zeitungsinterview, dass das tschechische Wirtschaftswachstum in diesem Jahr – so wörtlich – „nicht unter zwei Prozent sinken wird“. Das klingt nach Erleichterung. Doch tatsächlich hatte Kalousek selbst noch Mitte Dezember viel bessere Zahlen in den Umlauf gebracht. Auf vier Prozent hatte der Finanzminister das Wachstum getippt. Zum Vergleich: 2007 waren es noch 6,6 Prozent.

Auswirkungen könnte die verringerte Wirtschaftsleistung nun erstmals auch auf den tschechischen Arbeitsmarkt haben. In den vergangenen Jahren sank die Zahl der Erwerbslosen, in diesem Jahr könnte es einen Anstieg auf bis zu sieben Prozent geben. Die Arbeitsämter des Landes warnen bereits vor der Trendwende, so wie beispielsweise Martin Kouřil, Leiter des Arbeitsamtes im ostböhmischen Havlíčkův Brod:

Premier Mirek Topolánek  (Foto: ČTK)
„Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Arbeitslosigkeit steigt und die Zahl der freien Stellen sinkt. Wir müssen uns auch darauf einstellen, dass für viele Arbeitslose der einzige Ausweg in der Umschulung liegen wird und in der Anpassung an die geänderten Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt.“

Die schlechteren Wirtschaftsprognosen haben nun Premier Mirek Topolánek höchstpersönlich auf den Plan gerufen. Im Rahmen der EU-Ratpräsidentschaft muss er sich bereits mit den Auswirkungen der Finanzkrise beschäftigen. Bisher war im eigenen Land die Wirtschaftspolitik eher ein Thema zweiten Ranges. Unter dem Eindruck der neuesten Prognosen ließ Topolánek jedoch im Tschechischen Fernsehen wissen:

„Wir werden nicht nur die großen Probleme innerhalb der Europäischen Union lösen, sondern das ist das große Thema dieses Jahres: die Bewältigung der Finanzkrise bei uns genauso wie in der Union.“

Dazu will der tschechische Ministerpräsident einen so genannten Nationalen Wirtschaftsrat einrichten, der parteiübergreifend sein soll und an dessen Spitze Topolánek selbst steht. Bis Ende Januar soll dieses neue Gremium einen Krisenplan ausarbeiten. Die Gelder zur Bewältigung der Krise sind laut Topolánek bereits zur Seite gelegt worden: Da in Tschechien im vergangenen Jahr das Haushaltsdefizit niedriger als erwartet ausfiel, bestünden Reserven von umgerechnet 2,3 bis 3 Milliarden Euro, so der Premier. Und die würden eingesetzt, sollte das Wirtschaftswachstum unter zwei Prozent fallen. Glück im Unglück nennt man so etwas.

Autor: Till Janzer
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