Kandidat zum Verfassungsrichter tritt zurück: Vorwürfe wegen Urteilen in kommunistischen Zeiten
Der wegen seiner Tätigkeit in kommunistischen Zeiten umstrittene Richter Robert Fremr wird nicht Verfassungsrichter in Tschechien werden. Er trat am Montag selbst von der Nominierung zurück.
Er habe es nicht geschafft, das Misstrauen eines Teils der Gesellschaft angesichts seiner Arbeit in der tschechischen Justiz vor der Wende von 1989 überzeugend auszuräumen, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Prager Obergerichts und Kandidat zum Verfassungsrichter, Robert Fremr, am Montag.
„Das Misstrauen, das mich zu Beginn begleiten würde, würde die Glaubenswürdigkeit des gesamten Verfassungsgerichts beeinträchtigen. Das will ich keinesfalls, weil ich selbst das Verfassungsgericht für unser glaubenswürdigstes staatliches Organ sowie einen wichtigen Verfechter der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie in diesem Land halte.“
Er trete hauptsächlich wegen des medialen Drucks zurück, teilte Fremr mit. Dem Richter wird unter anderem vorgeworfen, in den 1980er Jahren über 170 Urteile gegen sogenannte Republikflüchtlinge gefällt zu haben. Zudem fällte er die Entscheidung in einer Causa, in der die kommunistische Geheimpolizei das Beweismaterial manipuliert hatte. Fremr sagte dazu jüngst, er habe erst kürzlich von diesem Umstand erfahren. Er bestritt am Montag, damals ein regimetreuer Richter gewesen zu sein, und betonte, dass er seinen jetzigen Schritt keineswegs als Geständnis betrachte:
„Bis 1989 gibt es etwa eintausend Urteile von mir, die im Kontext der 1980er Jahre stehen. Ich respektiere voll und ganz, dass einige dieser Entscheidungen aus heutiger Sicht einfach nicht mehr vollständig erklärt werden können.“
Nach dem Auftauchen der Informationen über Fremrs Tätigkeit zu kommunistischen Zeiten hatte Staatspräsident Petr Pavel vor etwa einer Woche dessen Ernennung zum Verfassungsrichter verschoben, obwohl diese bereits vom Senat gebilligt worden war. Das Staatsoberhaupt respektiere nun die jüngste Entscheidung des Juristen, sagte die Präsidentensprecherin, Markéta Řeháková:
„Der Präsident weiß zu schätzen, dass Robert Fremr jeden Zweifel an der Glaubwürdigkeit und der moralischen Integrität der Verfassungsrichter vermeiden will.“
Auch das beratende Gremium, das die Kandidaten für die Verfassungsrichter auswählt, bot dem Präsidenten am Montag seine Auflösung an. Pavel hat dieses Angebot allerdings nicht angenommen. Nach Angaben seines Beraters und des Gremiumsmitglieds Jan Kysela könnte der Präsident dem Senat im September einen neuen Kandidaten vorschlagen. Er gehe jedoch davon aus, dass es sich dann nicht mehr um einen Richter handeln werde, der vor 1989 im Amt war, so Kysela in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Wir können solche Probleme in der Zukunft dadurch vermeiden, dass wir keine Kandidaten in dieser Altersgruppe und mit vergleichbarer Berufserfahrung mehr aussuchen werden.“
Robert Fremr ist auf Strafrecht und internationales Recht spezialisiert. Von Oktober bis November 1989 war er Mitglied der Kommunistischen Partei. Von 2018 bis 2021 amtierte er als Vizepräsident des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag.
Das Verfassungsgericht in Tschechien erfährt derzeit einen personellen Wechsel, da die Amtszeit mehrerer Richter abgelaufen ist oder bald auslaufen wird. Präsident Pavel hat bereits fünf Posten besetzt: die Richter Josef Baxa, Daniela Zemanová und Veronika Křesťanová, die Zivilrechtsprofessorin Kateřina Ronovská sowie der Verfassungsrechtler Jan Winter wurden ernant. Im 15-köpfigen Verfassungsgericht sind somit aktuell 14 Stellen besetzt.