Karel Čapek im Theater und im Urlaub

Karel Čapek (links) mit seinem Bruder Josef

Die Čapek-Gedenkstätte befindet sich nahe Dobříš in Mittelböhmen, und zwar in einer Villa am Ufer des Teiches Strž. Das Haus diente dem Schriftsteller Karel Čapek und seiner Frau Olga Scheinpflugová drei Jahre lang als Sommersitz. In diesem Jahr ist dort eine Serie von Ausstellungen geplant.

Karel Čapek  (links) mit seinem Bruder Josef | Foto: Archiv der Karel-Čapek-Gedenkstätte
Villa Čapeks am Ufer des Teiches Strž | Foto: Barbora Kvapilová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks

Karel Čapek verbrachte in seinen drei letzten Lebensjahren viele Frühlings- und Sommerwochen in dem Sommersitz nahe Dobříš. Gemeinsam mit seiner Frau Olga, einer Schauspielerin des Nationaltheaters in Prag, verwandelte er das frühere Wohnhaus eines Beamten des dortigen Eisenwerks in eine Sommerresidenz. Er liebte den Ort sehr, schrieb dort mehrere seiner Werke und empfing auch viele Gäste. Ein Zimmer war für den befreundeten Journalisten Ferdinand Peroutka reserviert, zudem kamen viele Persönlichkeiten aus Kultur und Politik vorbei. Dank des Einsatzes von Olga Scheinpflugová dient die Villa seit 1963 als Karel-Čapek-Gedenkstätte.

Čapek-Begegnungsstätte

Foto: Barbora Kvapilová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks

Anfang dieses Jahres hat Zdeněk Vacek die Leitung des Museums übernommen. Gegenüber dem Kultursender Vltava des Tschechischen Rundfunks beschrieb er seine Vision:

„Mein Wunsch ist, dass in Strž eine Begegnungsstätte entsteht. Sie soll nicht nur der breiteren Öffentlichkeit dienen, die sich für Karel Čapek und für die Zeit der Ersten tschechoslowakischen Republik interessiert, sondern acuh Fachleuten von unterschiedlichen Čapek-Stellen. Damit meine ich Organisationen, die mit Karel Čapek und seinem Bruder Josef sowie mit Ferdinand Peroutka und anderen bedeutenden Persönlichkeiten der Ersten Republik etwas zu tun haben. Ich habe den Eindruck, dass wir nur teilweise voneinander wissen. Manchmal überschneiden sich unsere Aktivitäten unnötig oder wir wiederholen die Arbeit, die schon jemand anderes gemacht hat.“

Zdeněk Vacek  (Foto: Jana Myslivečková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Um diese Kooperation anzukurbeln, sei eine Konferenz geplant zu den Hobbys von Karel Čapek, sagt Vacek:

„Die Konferenz sollte im April stattfinden, musste aber in Folge der Corona-Krise verschoben werden. Sie beginnt nun am 10. Oktober um 10 Uhr. Ich verstehe diese Konferenz als einen Startschuss und eine Gelegenheit, mich mit allen Akteuren zu treffen, die sich mit dem erwähnten Themenbereich beschäftigen. Mit ihnen möchte ich eine Zusammenarbeit anknüpfen beziehungsweise diese erneuern. Anschließend sollten wir uns nach meiner Vorstellung regelmäßig treffen. Gerne würde ich Gegenstände aus unseren Sammlungen intensiver austauschen, Ausstellungen und Marketing koordinieren, aber auch mit den Tschechischen Zentren im Ausland zusammenarbeiten.“

Des Räubers verhängnisvolles Liebesspiel

Foto: Barbora Kvapilová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks

Gleich mehrere Jubiläen werden in diesem Jahr im Zusammenhang mit den Brüdern Čapek gefeiert. Im Januar war es der 130. Geburtstag von Karel Čapek, im April sind 75 Jahre seit dem Tod des Malers Josef Čapek vergangen. Seit Anfang Juni läuft in der Gedenkstätte eine Ausstellung, die das Theaterschaffen der beiden Brüder zeigt. Sie heißt „Des Räubers verhängnisvolles Liebesspiel“.

„Wir erinnern mit einer Ausstellung an zwei weitere Jubiläen, die mit den Anfängen der Brüder Čapek am Theater zusammenhängen. Es sind 110 Jahre des Theaterstücks ‚Verhängnisvolles Liebesspiel‘ (Lásky hra osudná), das ein gemeinsames Werk von Josef und Karel ist, und 100 Jahre seit der Premiere ‚Des Räubers‘, eines eigenständigen Theaterwerks von Karel Čapek.“

Die Besucher sehen unter anderem Zeichnungen zur Bühnengestaltung, die Josef Čapek entworfen hat, Theaterplakate und Gegenstände aus berühmten Inszenierungen des „Räubers“ im 20. Jahrhundert. Auch Auszüge aus Čapeks Liebesbriefen sind zu sehen, da die Liebe das zentrale Thema beider Stücke ist. Beide Brüder heirateten im Übrigen erst nach langjährigen Beziehungen.

Foto: Barbora Kvapilová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks

„Besonders Karel traf lange Zeit auf den Widerstand seiner Familie. Er wagte erst dann zu heiraten, als seine Mutter gestorben war und sich sein Bruder Josef und seine Schwester Helena mit der Idee seiner Hochzeit mit der viel jüngeren Schauspielerin Olga Scheinpflugová gewissermaßen versöhnt hatten. Nichtdestotrotz erfuhren seine Geschwister erst nachträglich von der Hochzeit – nämlich aus der Presse.“

Die laufende Ausstellung ist die erste der geplanten Veranstaltungen in diesem Jahr:

„Am 4. Juli wollen wir die Original-Garage Karel Čapeks für die Öffentlichkeit zugänglich machen. Vor genau 85 Jahren sind Karel und Olga zum ersten Mal zu einem gemeinsamen Urlaub ins Ausland gefahren. Und Ende September planen wir eine Ausstellung zum 100. Jubiläum des Theaterstücks R.U.R.“

Mit dem Auto in die Alpen

Olga Scheinpflugová und Karel Čapek  (Foto: Archiv des tschechischen Außenministeriums)

Die Instandsetzung und Öffnung der Garage liegt Zdeněk Vacek besonders am Herzen – denn er ist Oldtimer-Fan. In der begleitenden Ausstellung geht es um den ersten gemeinsamen Urlaub von Karel Čapek und Olga Scheinpflugová. Der Museumsleiter erklärt, wie die Garage und dieser Urlaub zusammenhängen:

„Dazu kehren wir zurück ins Jahr 1935. Damals lief die Beziehung zwischen Karel und Olga schon 15 Jahre lang und war sehr kompliziert und turbulent. Čapek schloss sich jedenfalls Olga an, die einen Urlaub mit ihrem Bruder in den österreichischen Alpen plante. Ihr Ziel war Gnadenwald bei Innsbruck. Kurz zuvor half er Olga beim Kauf eines Autos. Zur Fahrt in den Urlaub brachen sie mit zwei Fahrzeugen auf. In einem fuhr Olgas Bruder. Čapek und Olga wurden in einem Wagen vom Typ Škoda Popular von einem Chauffeur gefahren. Sie hatte gerade erst ihren Führerschein gemacht und war noch zu ängstlich, um sich hinters Lenkrad zu setzen. Und Karel hatte keinen Führerschein.“

Während der langen Urlaubsreise bat Čapek dann Olga um ihre Hand, erzählt Vacek weiter:

„Sie kehrten über die Slowakei zurück. Dort machten sie bei Karels Bruder Josef einen Zwischenstopp, der sich in der Region Orava aufhielt. Dadurch führte Karel Olga gewissermaßen in die Familie ein, über die geplante Hochzeit verriet er aber nichts. Die Hochzeit fand am 26. April im Altstädter Rathaus in Prag statt. Als Hochzeitsgeschenk stellte ihnen ihr Freund Václav Palivec das Haus Na Strži zur lebenslangen Nutzung zur Verfügung. Sie setzten dieses Haus dann erst einmal instand. Und Karel Čapek verbrachte dort in seinen letzten drei Lebensjahren viel Zeit.“

Karel-Čapek-Gedenkstätte  (Foto: Vojtěch Ruschka)

Der Museumsleiter würde sich in der Villa am Teichufer mehr Besucher wünschen. Die Corona-Sperre hat den Betrieb im Frühling aber unterbrochen:

„Die Besucherzahlen lassen sich in diesem Jahr nur schwierig beurteilten. Wir sind ein Museum, das in der Nebensaison vor allem von Schüler- und Rentnergruppen besucht wird. Das musste aber ausfallen. Mittlerweile kommen an den Wochenenden wieder Familien zu uns, auch Radfahrer schauen vorbei.“

100 Jahre Roboter-Theaterstück „R.U.R.“

Zdeněk Vacek würde gerne auch mehr Besucher aus dem Ausland in Strž begrüßen:

Foto: Wikimedia Commons,  CC0

„Ausländische Touristen haben bisher nicht gerade oft den Weg zu uns gefunden. Das finde ich schade. Strž liegt abseits der wichtigsten Touristenstrecken, die etwa nach Český Krumlov (Krummau, Anm. d. Red.) oder nach Kutná Hora (Kuttenberg, Anm. d. Red.) führen. Ich möchte diese Besucher aber auf irgendeine Weise hier herlocken. In diesem Sinne sind meine Erwartungen in Bezug auf dieses Jahr hoch. Denn wir planen für September eine Ausstellung zum 100. Jubiläum der Erstaufführung des Theaterstücks ‚R.U.R.‘. Ich brauche wohl nicht daran zu erinnern, dass darin zum ersten Mal das Wort ‚Roboter‘ verwendet wurde. Das bedeutete den weltweiten Durchbruch für Čapek.“

In diesem Kontext ist auch eine internationale Fachkonferenz zum Thema künstliches Leben geplant, also dem Thema, das Čapek in seinem Theaterstück beschreibt. Das Literatur-Museum arbeitet bei der Vorbereitung mit der Chemischen Hochschule in Prag zusammen. Eines der Ziele von Zdeněk Vacek in der Leitung der Gedenkstätte ist nämlich auch, Fachgrenzen zu überschreiten und Schablonen zu verlassen.