Kartoffeln aus Tschechien weiter stark gefragt – besonders zu Weihnachten
Die Adventszeit steckt voller süßer Überraschungen. Vielerorts werden dieser Tage auch in Tschechien Plätzchen gebacken, der Weihnachtskarpfen kommt später noch hinzu. Es gibt jedoch auch ein Grundnahrungsmittel, das dann beim Weihnachtsfest nicht fehlen darf: die Kartoffel. Zu Heiligabend ist nämlich der Kartoffelsalat hierzulande ein Muss. Und es sollten natürlich hiesige Kartoffeln sein, die zum Salat verarbeitet werden, denn diese Erdäpfel sind von guter Qualität. Die tschechischen Landwirte verstehen es zudem, die Kartoffelernte Jahr für Jahr zu maximieren. Das hat jedoch auch Folgen, die weniger erfreulich sind.
„In diesem Jahr spricht das Tschechische Statistikamt davon, dass wir 30 Tonnen Kartoffeln je Hektar geerntet haben, doch das glaube ich nicht. Unsere durchschnittliche Ernte beträgt sicher 35 Tonnen je Hektar oder sogar noch mehr“,
meint Miloslav Chlan, der Vorsitzende des zentralen Kartoffelbau-Verbandes. Insgesamt, so das Statistikamt, haben die Landwirte in Tschechien rund 786.000 Tonnen Kartoffeln geerntet. Im Jahresvergleich ist das fast ein Fünftel mehr als im vergangenen Jahr. Aber werden im Land auch soviel Kartoffeln konsumiert?„In einem normalen Jahr schaffen wir es ohne Probleme, den Bedarf unserer tschechischen Verbraucher zu decken. In diesem Jahr aber wäre es für uns eher von Vorteil, wenn Tschechien drei Millionen Einwohner mehr hätte“,
beantwortet Chlan diese Frage leicht ironisch. Der Pferdefuß der Überproduktion macht sich dann auch in der Preisbildung bemerkbar, so Chlan:
„Leider drückt die Überproduktion den Preis, und zwar so stark, dass dieser unter den Kosten des Anbaus liegt.“Um die Kosten für Anbau und Ernte von einem Kilogramm Kartoffeln zu decken, müssten die Landwirte das Kilo Kartoffeln für rund drei Kronen verkaufen, umgerechnet also zwölf Eurocent. Der aktuelle Aufkaufpreis liegt jedoch bei zwei Kronen je Kilogramm, er ist damit einer der niedrigsten in Europa:
„Ich würde sagen, dass der Preisunterschied zu anderen Ländern in Europa mehrere Prozent beträgt. In Tschechien sind Kartoffeln derzeit etwas billiger, wie gesagt, um einige Prozent.“
Für die Verbraucher ist das sicher sehr erfreulich, für die Kartoffelbauern aber nicht. Erhalten sie deshalb Zuschüsse von der Europäischen Union?„Im Verhältnis zum Umfang des Kartoffelanbaues sind die Zuschüsse, die aus Brüssel kommen, verschwindend gering. Sie sind eigentlich kaum von Bedeutung“,
sagt Chlan. Wie sieht es aber mit der Unterstützung von Seiten des tschechischen Staates aus?
„Eine staatliche Unterstützung gab es bis zu diesem Jahr für die Kartoffeln, die zur Stärkeherstellung verwendet werden. Aber dieser Zuschuss läuft zum Jahresende aus.“
Keine rosigen Aussichten also für den Kartoffelanbau in Tschechien, der seit mehreren Jahrhunderten zu den traditionsreichsten landwirtschaftlichen Produktionen in Mitteleuropa gehört. Das bestätigt auch Miroslav Chlan:„Das ist richtig, historisch gesehen gehört die Tschechische Republik seit Jahr und Tag zu den bedeutendsten Anbaugebieten der Kartoffel in Europa. Bereits zu Zeiten der Österreichisch-Ungarischen Monarchie hat Böhmen Kartoffeln exportiert. Gegenwärtig finden wir die besten Bedingungen für den Kartoffelanbau in den höher gelegenen Regionen unseres Landes vor. Das sind die Region der Böhmisch-Mährischen Höhe und zum Teil die hügeligen Gebiete im Mittel- und Südböhmischen Kreis.“
Unter den tschechischen Verbrauchern ist die hiesige Kartoffel sehr gefragt. Für Miroslav Chlan hat dies zwei Gründe:„Jede Kartoffelsorte, die bei uns angebaut wird, hat ihren spezifischen Geschmack. Der ist von Anbaugebiet zu Anbaugebiet verschieden. Zum anderen werden nur Sorten angebaut, die uns einfach schmecken.“
Die immer besseren Anbau- und Züchtungsmethoden haben die tschechischen Landwirte jetzt in die Lage versetzt, ihre qualitativ gute Ware auch im Ausland zu verkaufen. Über einen Exportanteil von fünf bis sieben Prozent aber kommen die Kartoffelbauern nicht hinaus, denn der Absatz jenseits der Grenze sei nicht so einfach, bemerkt Chlan:
„Das ist eine Frage des Handels, denn der Markt steht allen offen. Für unsere Landwirte und Händler aber ist es sehr schwierig, in Westeuropa neue Abnehmer zu finden. Das liegt daran, dass die Leute dort sehr patriotisch sind. Ein deutscher Bürger zum Beispiel zieht in der Regel immer die deutschen Kartoffeln denen aus Tschechien vor. Deshalb ist unser Export auch stark begrenzt.“
Im Gegensatz dazu liegt der Anteil der importierten Kartoffeln, die in diesem Jahr auf dem tschechischen Markt verbraucht wurden, bei rund 15 Prozent. Meist kommt diese Ware aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. Vor der Konkurrenz müsse man sich aber nicht fürchten, da für den heimischen Markt in etwa der gleiche Grundsatz gelte wie für den deutschen Markt, erklärt Chlan:„Ich glaube fest daran, dass der tschechische Verbraucher sich in etwa genauso verhält wie der deutsche Verbraucher und in erster Linie auf Kartoffeln aus heimischer Produktion zurückgreift.“
Bei einem solchen Loblied für die Erdäpfel aus Böhmen und Mähren stellt sich eigentlich nur noch eine Frage: Welche Kartoffelsorte bevorzugen die Tschechen für die Zubereitung des Kartoffelsalats zu Heiligabend?
„Sehr populär ist bei uns die Sorte Keřkovské rohlíčky. Das sind ziemlich kleine Kartoffeln, die aber einen vorzüglichen Geschmack haben. Heutzutage bauen wir jedoch mehrere Kartoffelsorten an, die sowohl von tschechischen als auch ausländischen Pflanzenzüchtern kommen. Die ausländischen Kartoffelpflanzen unterscheiden sich dabei in ihrem Geschmack kaum von den unsrigen.“Die Kartoffelsorte Sorte Keřkovské rohlíčky stammt übrigens aus dem kleinen böhmischen Dorf Keřkov, das nahe Přibyslav auf der Böhmisch-Mährischen Höhe liegt.