„Kasperltheater“ ums Steuerpaket

Foto: Pixabay / CC0 Public Domain

Das Steuerpaket der Regierung ist durch. Ab kommendem Jahr werden so beispielsweise Spirituosen und Tabak teurer, dafür soll aber das Elterngeld steigen. Die Debatte war jedoch vor allem bestimmt durch Verfahrensfragen.

Alena Schillerová  (Foto: Michaela Danelová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Es sei nur noch ein Kasperltheater, brüllte letztlich Kulturminister Lubomír Zaorálek (Sozialdemokraten) in den Plenarsaal. Nach mehr als 20 Stunden Debatte an fast vier Sitzungstagen hat es die Regierung doch noch geschafft und konnte ihr Steuerpaket durchsetzen. Durch eine Änderung der Geschäftsordnung konnte am Abend abgestimmt werden über die höheren Abgaben und die Aufstockung des Elterngeldes.

Konkret heißt das nun: Ab kommenden Jahr sollen Spirituosen, Tabak und Glücksspiel teurer werden. Finanzministerin Alena Schillerová (parteilos) erläutert, warum dieser Schritt längst überfällig war:

„Wir haben in den vergangenen zehn Jahren kein einziges Mal die Steuern auf Branntwein erhöht, wobei der Durchschnittslohn hierzulande im gleichen Zeitraum um 45 Prozent angestiegen ist. Außerdem sind unsere Steuern auf Tabak so niedrig, dass wir nicht einmal mehr die Mindestgrenzen der EU einhalten. Genau das sind die Gründe für unsere Maßnahmen.“

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Außerdem solle die Volksgesundheit davon profitieren, heißt es von der Regierung. Kritiker behaupten hingegen, dass man mit den Steuererhöhungen lediglich Löcher in der Staatskasse stopfen wolle. Denn beispielsweise die Abgaben für Schankbier hat das Kabinett aus Partei Ano und Sozialdemokraten in einer früheren Entscheidung gesenkt.

Doch das nun verabschiedete Steuerpaket sieht noch weitere Mehrbelastungen vor, die scharf von der Opposition kritisiert werden. Zwar hat das Kabinett von einem Plus auf die Erdgas-Steuer für Privathaushalte abgesehen. Doch dafür müssen die Krankenkassen für ihre sogenannten technischen Reserven blechen, womit die überschüssigen Gewinne gemeint sind. Dazu Finanzministerin Schillerova:

Petr Fiala  (Foto: Michaela Danelová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Zudem gelten hierzulande seit 20 Jahren Ausnahmen für die Krankenversicherungen, die nur auf Lobbyarbeit zurückzuführen sind und keinerlei Begründung haben. Deshalb mussten wir jetzt handeln.“

Das bürgerlich-liberale Lager im Parlament befürchtet jedoch, dass die Versicherer die Kosten auf die Bürger abwälzen könnten. Für die Opposition ist aber auch dies nur eine von vielen Maßnahmen im Steuerpaket, mit denen den Tschechen das Geld aus der Tasche gezogen werden soll. Petr Fiala ist Chef der Bürgerdemokraten:

„Unsere Partei hat Vorschläge unterbreitet, die den Bürgern helfen würden. Alle wurden sie abgelehnt. Die Regierung bereitet hier absolut überflüssige Steuererhöhungen vor, die jeglicher ökonomischen Logik widersprechen. Außerdem widerstreben sie dem gesunden Menschenverstand und stehen gegen die Versprechen der Regierung.“

Jana Maláčová  (Foto: Michaela Danelová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Gemeinsam mit dem Steuerpaket verabschiedete das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der Koalitionsparteien und der Kommunisten zudem eine Erhöhung des Elterngeldes. Pro Kind sollen für einen Zeitraum von drei Jahren insgesamt 300.000 Kronen (11.750 Euro) ausgezahlt werden, das sind 80.000 Kronen (3100 Euro) mehr als bisher. Streit gab es jedoch darum, wer davon profitieren sollte. Letztlich wählte man die billigere Variante, wodurch neben künftigen Familien nur die Eltern begünstigt werden sollen, die derzeit noch in Elternzeit sind. Die sozialdemokratische Ministerin für Soziales, Jana Maláčová, verteidigt das Konzept:

„Damit es überhaupt ein Elterngeld geben konnte, mussten wir einen Kompromiss finden. Ein solcher ist der Regierungsentwurf, den ich der Partei Ano und den Kommunisten zuliebe unterstütze. Wichtig ist, dass 80 Prozent der Eltern davon profitieren.“

Jan Skopeček  (Foto: Archiv der Bürgerdemokraten)
Insgesamt hat die Debatte um das Steuerpaket einen faden Beigeschmack. Denn sie offenbarte erhebliche Defizite in der Funktionsweise des Abgeordnetenhauses. Die Opposition schaffte es nämlich viermal, eine Abstimmung durch Filibuster-Reden zu verhindern. Erst ein umstrittener Abbruch der Debatte ermöglichte die Stimmabgabe. Die Opposition sieht darin einen massiven Verstoß gegen gültige Gesetze. Jan Skopeček ist Abgeordneter der Bürgerdemokraten:

„Die Regierungskoalition hat ihre Freude an höheren Steuern und Teuerungen. Sie hat es dabei nicht übers Herz gebracht, mit der Opposition einen Kompromiss auszuhandeln. Sie hat ihren Vorstoß mit Gewalt durchgesetzt. Dabei war der Regierung bewusst, dass sie Gesetze bricht.“

Die bürgerlich-liberalen Parteien wollen die Entscheidung deshalb aus Verfahrensgründen vor dem Verfassungsgericht angreifen. Ob dies Erfolg haben wird, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Denn schon bei der Debatte um die Einführung der Registrierkassenpflicht vor einigen Jahren versuchte die Opposition, die Abstimmung durch einen Redemarathon hinauszuzögern. Dies hielten die Verfassungshüter damals für unverhältnismäßig und stellten sich hinter die Regierung.

Andrej Babiš  (Foto: ČTK / Ondřej Deml)
Premier Andrej Babiš will solche Mammut-Debatten künftig im Keim ersticken. Er will deswegen die Geschäftsordnung grundlegend reformieren:

„So etwas ist doch Zeitverschwendung. Wir müssen die Geschäftsordnung ändern, damit einzelne Abgeordnete hier nicht zwei Tage lang durchreden können. Das Abgeordnetenhaus funktioniert nicht, und alle tun unter dem Deckmantel der Demokratie so, als ob das ganz normal wäre. Dabei wird nur verhindert, dass die Regierung ihr Programm umsetzt.“