Kino ohne Schonung - studentisches Filmfestival in Pisek

Photo: kinosvetozor.cz

Ob Potsdam, Hamburg oder Köln - auch an deutschen Filmschulen finden sich eine ganze Reihe Preisträger des Internationalen Studenten-Filmfestivals im südböhmischen Pisek. Dort hat am Donnerstag der siebte Jahrgang der Veranstaltung begonnen. Was der Nachwuchs, vor allem der tschechische Nachwuchs, macht und worin Studentenfilmfestivals spezifisch sind, dazu äußersten sich Jurymitglied Ivan Passer und Festivaldirektor Milon Terc.

Pisek
Noch bis Samstag werden im Kino Portyc in Pisek Filme aus Argentinien, den USA, Deutschland, Schweden oder anderen Ländern sowie natürlich aus Tschechien zu sehen sein. Ihnen allen ist gemeinsam, dass es kürzere Werke sind, denn abendfüllende Streifen übersteigen in der Regel das Budget des Nachwuchses. Nach seinem ersten Eindruck zu den neuen Wettbewerbsfilmen fragte ich Jurymitglied Ivan Passer, der einer der wichtigsten Vertreter der tschechischen Neuen Welle in den 60er Jahren war:

"Die Qualität der Filme, die wir heute gesehen haben, war meiner Meinung nach sehr hoch. Überrascht hat mich das allerdings nicht, denn die Studenten haben mittlerweile an den Filmschulen Zugang zu der gesamten Technik, sie können auch billiger produzieren als wir damals. Sie haben also mehr Praxis, was den Filmen anzusehen war. Handwerklich sind die Filme sehr, sehr gut."

Der Nachwuchsfilm in Tschechien hat, nachdem mit dem Fall des kommunistischen Regimes Zensur und jegliche politische Vorgaben wegfielen, eine gewisse Entwicklung durchgemacht. Zuerst versuchten die jungen Künstler die Generation von Ivan Passer nachzuahmen. Mittlerweile ist aber eine eigene Sprache entstanden, jenseits kommerzieller Zwänge:

"Im Ganzen ist der Hauptunterschied, dass die Filme um einiges schonungsloser sind als unsere damals", findet Ivan Passer.

Der 74-Jährige, der mit "Intimni osvetleni", auf Deutsch "Intime Beleuchtung", 1965 einen Kultfilm der damaligen Generation schuf, hat im Übrigen die Einladung in die Jury in Pisek gerne angenommen.

Kino Světozor
"Ein Festival des studentischen Films wie hier in Pisek ist deswegen so interessant, weil man unter Umständen auf ein außergewöhnliches Talent trifft."

Das wünscht sich natürlich auch Milon Terc. 1997 ließen er und seine Frau das Festival entstehen, nachdem sie ein Jahr zuvor bereits eine Filmschule in Pisek gegründet hatten. Laut Terc, der Direktor des Festivals wurde, war die Filmschau damals die erste in Tschechien, die sich ausschließlich auf studentische Arbeiten konzentrierte. Anfangs lief sie als Biennale, mittlerweile findet es jährlich statt. Was ist besonders an solch einer Art Festival?

"Ganz spezifisch ist, dass es mit viel weniger Pomp, Partys und Empfängen auskommt. Die Atmosphäre ist eher arbeitsam. Zu den Treffen der jungen Leute kommt es am Rand des Festivals, wo Musik gemacht, gesungen und getanzt wird. Das sind dann auch die Momente, in denen sich die Kulturen begegnen."

Denn beim aktuellen Jahrgang werden insgesamt 80 Filme aus vier Kontinenten zu sehen sein, die Hälfte von ihnen kämpft in den Wettbewerbskategorien um eine der vier Auszeichnungen.

www.filmovka.cz

Autor: Till Janzer
schlüsselwort:
abspielen