Kleidung aus Kunstfasern – letzte Schau vor Renovierung des Kunstgewerbemuseums
Das Prager Kunstgewerbemuseum wurde 1885 gegründet. Es ist in einem Neorenaissancegebäude neben dem alten jüdischen Friedhof untergebracht. In dem historischen Gebäude befinden sich mehrere Ausstellungssäle. Dort werden aber auch die Kunstsammlungen des Museums aufbewahrt. Dies soll sich künftig ändern. In den nächsten Jahren wird das Museumsgebäude instand gesetzt, zudem wird für die Museumssammlungen ein neues Depot am Standrand erbaut. Vor der Neugestaltung des Museums wurde am Mittwoch im derzeitigen Hauptsaal eine Ausstellung zum Thema von Kunstfasern in der Kleidung eröffnet.
„Das Thema der Ausstellung hat meine Kollegin schon länger im Kopf gehabt. Aber wir haben immer gehofft, dass wir die Ausstellung erst im renovierten Museum zeigen werden, weil wir dann mehr Raum dafür gehabt hätten. Die Renovierungsarbeiten wurden aber immer wieder hinausgeschoben. Dann haben wir uns entschieden, dieses Thema für die sozusagen Abschiedsausstellung zu nutzen. Mit ihr möchten wir unseren Besuchern zeigen, wie wir künftig die verschiedenen Themen präsentieren wollen. Es handelt sich eigentlich um zwei Projekte: Das eine ist die Ausstellung über Kunstfasern in der Mode sowie deren Entwicklung und das andere die visuelle Bearbeitung und Gestaltung der Ausstellung. Dabei spielen Projektionen und die Beleuchtung eine große Rolle, die Besucher können sich auf Fotos mit der Struktur der Stoffe bekannt machen. Es gibt nur virtuelle Vitrinen mit gut lesbarer Beschriftung, diesmal werden die Kleider nicht in Glasvitrinen gezeigt.“
Welche Zeitspanne umfasst die Ausstellung ungefähr?„Sie umfasst etwa die Zeit von der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart.“
Stammen alle Exponate aus den Museumssammlungen? Es sind darunter ja sowohl tschechoslowakische Produkte als auch Kleider sozusagen aus dem Westen. Wie wurde die Ausstellung zusammengestellt?
„Die Kleidung aus Kunstfasern gehörte zum Lebensstil. Vor allem in den 1960er Jahren war es ein Muss, etwas aus Kunstfasern zu haben. Hierzulande wurden damals hauptsächlich verschiedenste Textilien aus der DDR verkauft. Aber jeder träumte davon, etwas zu haben, das im Westen – beispielsweise in Italien – hergestellt war. Die Qualität dieser Kleidung war viel besser. Bei der Auswahl der Exponate für die Ausstellung war maßgebend, ob wir den Hersteller des Kleids kannten oder wenigstens wussten, aus welchem Land es stammt.“
Was wird bei der bevorstehenden Instandsetzung und Neugestaltung des Kunstgewerbemuseums passieren, und wie wird das Museum in der Zukunft erweitert?„Ich hoffe, dass die Zukunft unseres Museums rosig sein wird. Denn für jedes historisches Museumsgebäude ist wichtig, dass es mehr Raum bekommt: nicht nur für Ausstellungen, sondern vor allem auch für die Sammlungen. Am Stadtrand von Prag wird ein neues Depot erbaut. Es soll das erste Museumsdepot dieser Art in Prag sein, mit den entsprechenden Bedingungen für die Aufbewahrung aller Kunstgegenstände und weiterer Exponate. Im neuen Gebäude werden die Sammlungen und die Werkstätte des Museums untergebracht. Das historische Gebäude wird nur noch der Öffentlichkeit dienen.“
Kuratorin der Ausstellung ist Konstantina Hlaváčková. Sie sagt, das 20. Jahrhundert könne als das Jahrhundert der Kunstfasern bezeichnet werden.„In der Ausstellung werden Kleidungsstücke aus verschiedenen Kunstfasern gezeigt. Die Kunstfasern haben wir in mehrere Gruppen unterteilt wie Zellulose, Polyester, Acryl, Elastomere, Metallfasern oder auch Papier. Zu jeder Sorte von Kunstfasern haben wir in unseren Sammlungen nach den jenen Kleidungsstücken gesucht, die für eine bestimmte Epoche typisch waren. Für die Gestaltung der Ausstellung hat Pavel Mrkos gesorgt. Auf die Exponate projizieren wir zum einen Fotografien von vergrößerten Details der jeweiligen Stoffe, aus denen die ausgestellten Kleidungsstücke hergestellt sind, zum anderen Begleittexte in Tschechisch und Englisch. Zudem werden mikroskopische Fotografien von Kunstfasern gezeigt, die von der Technischen Universität in Liberec stammen.“
Bei der Zusammenstellung der Ausstellung stellte die Kuratorin den eigenen Worten zufolge fest, dass künstliche Textilfasern heute häufig auch in der Medizin, vor allem bei Herzoperationen, genutzt werden. Darum entschied sie sich, auch einige Implantate aus Kunstfasern auszustellen, und gab der Ausstellung den Titel „Vně a uvnitř“ (zu Deutsch etwa Draußen und Drinnen). Über diese Schau liegt auch ein Bildband mit einem Resümee in Englisch vor. In dem Buch hat sich Konstantina Hlaváčková auch mit einem weiteren Aspekt der Kleiderproduktion beschäftigt, wie sie erläutert:
„Ich habe während der Arbeit an der Ausstellung auch erfahren, wie problematisch Kleidung aus ökologischer Sicht ist. Es ist wirklich wichtig, sich Gedanken darüber zu machen, was und wieviel man kauft. Man sollte sich dessen bewusst werden, dass der Weg des unbeschränkten Konsums nicht der richtige ist.“
Die Ausstellung über die Kunstfasern in der Kleidung ist noch bis 11. Januar 2015 im Kunstgewerbemuseum zu sehen. Das Museum ist täglich außer Montag geöffnet, und zwar von 10 bis 18 Uhr und am Dienstag sogar bis 19 Uhr.