Kleinste Regierungspartei (VV) sucht eigenes Gesicht

Vít Bárta (Foto: ČTK)

Die tschechischen Tageszeitungen befassen sich in ihren Kommentaren am Montag durch die Bank mit der Prager Konferenz der kleinsten Regierungspartei, der Partei der öffentlichen Angelegenheiten (VV). Sie stehe jetzt am Scheideweg, weil sie nach ihrem Wahlerfolg als Sammelbecken der Protestwähler nun endlich auch ihr eigenes Gesicht zeigen müsse, analysierten die Blätter unisono.

Foto: ČTK
Die Mladá fronta Dnes beginnt ihren Kommentar mit einer Anspielung auf den Namen des Treffens, das von der VV-Partei als Ideenkonferenz bezeichnet wurde. Neue Ideen hätte es jedoch keine gegeben, die Konferenz sei vielmehr eine Reaktion auf den rapiden Schwund in der Wählergunst gewesen. Dieser Schwund sei allerdings folgerichtig, da die Wahlkampfmunition in Form simpler Parolen wie „Weg mit den Dinosauriern“– die Partei forderte damit die Ablösung altgedienter Politiker – inzwischen aufgebraucht sei, schreibt Autor Karel Steigerwald und fährt fort:

Kateřina Klasnová,  Vít Bárta,  Radek John und Kristýna Kočí  (Foto: ČTK)
„In Zeiten politischer Krisen, die bei uns aber schon fast zum Alltag gehören, findet eine originelle Parole schnell Gehör.“

Aber, so Steigerwald weiter, abgedroschene Parolen und kluge Reden allein reichten nicht aus, um zu bestehen:

„Im politischen Alltag ist jedoch etwas anderes gefragt. Die Partei muss eine komplexe Schichtung von Themen anbieten, einen guten personellen Kader und ein mediales Geschick bei der Präsentation der Themen. Eine triviale Parole reicht nicht, sie langweilt und verdrießt den Wähler, bis er sich von der Partei abwendet.“

Die Partei der öffentlichen Angelegenheiten wolle sich darum jetzt neu aufstellen und profilieren, ohne den Bogen zu überspannen, resümiert Steigerwald in der Mladá fronta Dnes:

Jaroslav Škarka und Josef Dobeš  (Foto: ČTK)
„Im Spiel hält sie die latente Drohung: Wir verlassen die Koalition. Auch wenn jeder sehr wohl weiß, dass das vor allem der Untergang der Partei wäre. Man glaubt, dass die Partei in diesem Chaos ihre Identität finden werde.“

Die Lidové noviny hebt in ihrem Kommentar hervor, dass die Partei der öffentlichen Angelegenheiten sich nun endlich damit auseinandergesetzt habe, was ihr Begriff von einem „sozialen Fingerspitzengefühl“ bedeutet. Autor Daniel Kaiser unterstreicht:

Radek John mit Kristýna Kočí  (Foto: ČTK)
„Die Partei will die Einführung der Hochschulgebühren verschieben und vor allem die Erhöhung der Mehrwertsteuer bei Grundnahrungsmitteln verhindern. (…) Das ist der zweifache Versuch, den Koalitionsvertrag zu revidieren und die eigene Unterschrift zurückzuziehen, die gerade mal fünf Monate alt ist.“

In der Hospodářské noviny schreibt Jiří Leschtina unter anderem folgendes:

„Ein Motto der Ideenkonferenz war oft und laut zu hören: Die Partei will sich schnell in der politischen Mitte etablieren. Das allerdings hat einen Haken: In der tschechischen politischen Mitte konnte sich niemand lange halten. (…) Die Schicksale der ODA, der Freiheitsunion, der Grünen und bis zu einem gewissen Grad auch der traditionellen ´Partei der Mitte´, der Christdemokraten, sprechen für sich.“