Koalition einigt sich auf EU-Kommissarin: Regionalentwicklungsministerin Jourová wird nominiert

Věra Jourová (Foto: ČTK)

Die tschechische Regierungskoalition aus Sozialdemokraten, Christdemokraten und der Partei Ano hat sich am Montag auf eine gemeinsame Kandidatin für den Posten der EU-Kommissarin geeinigt. Die jetzige Ministerin für Regionalentwicklung und stellvertretende Vorsitzende der Ano-Partei, Věra Jourová, soll Tschechien in der EU-Kommission vertreten.

Věra Jourová  (Foto: ČTK)
Auf einer Pressekonferenz am Montag nannte die Kandidatin drei Prioritäten, mit denen sie nach Brüssel gehen werde. Eine dieser Prioritäten sei es, das ihr zugeteilte Ressort gut zu leiten.

„Der Kommissar ist an und für sich eine parteilose Person, die die Interessen des Ressorts zu verteidigen und eine Politik ohne Rücksicht auf die nationalen Interessen zu machen hat.“

Als ebenso wichtig erachte sie die zweite Aufgabe, die sie erfüllen wolle, sagte Jourová. Diese Priorität sieht vor, den Ruf der EU in Tschechien zu verbessern und die Kenntnisse über die Union hierzulande zu erhöhen.

Foto: Europäische Kommission
„Die extrem niedrige Wahlbeteiligung bei der jüngsten Europawahl hat gezeigt, dass die Bürger hierzulande Europa nicht als etwas Wesentliches wahrnehmen. Meiner Meinung nach sollte die neue tschechische Regierung, die als pro-europäisch bezeichnet wird, das Prestige der EU in Tschechien erhöhen. Daher ist es eine der Aufgaben des tschechischen EU-Kommissars, ihr dabei intensiv zu helfen.“

Die dritte Priorität indes gehe sogar über ihre Pflichten hinaus, so die Kandidatin. Sie wolle die in Brüssel tätigen Tschechen vereinigen und sich für tschechische Interessen in der EU-Zentrale einsetzen.

Jourová stand zunächst nicht auf der Kandidatenliste. Erst nachdem die koalitionsinternen Verhandlungen über mehrere Namen gescheitert waren, wurde sie von ihrer Partei vorgeschlagen. Bei den letzten Verhandlungsrunden galt sie bereits als Favoritin für den Posten. In Tschechien erhofft man sich, durch die Nominierung einer Frau die Chancen für ein bedeutenderes Ressort in der nächsten Kommission zu erhöhen. Die mögliche künftige EU-Kommissarin möchte das Ressort der Regionalpolitik für Tschechien erwerben. Sie könne sich aber auch den Verkehrs- oder Industriebereich vorstellen. In der Tatsache, dass auch Österreich das Ressort der Regionalpolitik anstrebt, sehe sie kein Hindernis, so Jourová:

Johannes Hahn  (Foto: Archiv des Regierungsamtes der Tschechischen Republik)
„Die Regionalpolitik wird auch von Seiten Österreichs bevorzugt. Der österreichische Kommissar Johannes Hahn hatte dieses Ressort bereits inne. Es gibt jedoch das ungeschriebene Gesetz, dass ein EU-Kommissar, der in einer zweiten Wahlperiode EU-Kommissar bleibt, sein Portfolio ändert. Das könnte uns in die Karten spielen. Obwohl Österreich das Interesse für die Regionalpolitik geäußert hat, werden wir uns in den Verhandlungen darum bemühen, dieses Ressort zu erwerben.“

In der Regionalpolitik sieht Jourová das Jahr 2016 als besonders wichtig an. In jenem Jahr werden die festgelegten Prioritäten für die Förderung mittels EU-Fonds überprüft beziehungsweise umbewertet.

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„Es wäre gut, wenn sie dabei sein könne“, so die Kandidatin.

Die 49-jährige Věra Jourová ist gegenwärtig Ministerin für Regionalentwicklung, Abgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der Partei Ano. Sie trat 2003 in die Politik. Damals war sie als Mitglied der sozialdemokratischen Partei Vize-Ministerin für Regionalpolitik. Im Jahr 2006 wurde sie wegen einer angeblichen Korruptionscausa für einen Monat in Haft geschickt, später wurde sie aber vom Gericht freigesprochen. 2009 kandidierte Jourová für die Europäische demokratische Partei erfolglos ins Europa-Parlament.