Koalitionsstreit um „Gesetz gegen Babiš“

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Das Mitte-Links-Kabinett von Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) regiert seit gut zwei Jahren – und das nahezu ohne Skandale. Doch nun wird eine Problematik wieder aufgeworfen, die zum Amtsantritt der Regierung lediglich von der Opposition kritisiert wurde: die unternehmerischen Aktivitäten von Finanzminister Babiš. Diese würden einen Interessenskonflikt auslösen, hieß es. Die konservative Partei Top 09 hat dazu einen Gesetzentwurf auf den Tisch gelegt, den auch die regierenden Sozial- und Christdemokraten unterstützen wollen. Das hat Andrej Babiš aufgebracht. Der Ano-Parteichef stellt mittlerweile den Fortbestand der Koalition in Frage.

Andrej Babiš,  Bohuslav Sobotka und Pavel Bělobrádek  (Foto: ČTK)
Großunternehmer sollen keine Posten mehr in der Regierung erhalten. Dies ist der Hintergrund eines Gesetzentwurfs, über den gerade im Parlament debattiert wird. Es ist ein Vorschlag des Abgeordneten der oppositionellen Partei Top 09, Martin Plíšek, der besagt: Es soll Firmen nicht mehr erlaubt sein, sich um öffentliche Aufträge zu bewerben, wenn sie zu mehr als zehn Prozent im Besitz eines Regierungsmitglieds sind. Den Vorschlag, der am Freitag im Abgeordnetenhaus behandelt wird, wollen unter anderem die Christdemokraten unterstützen. Ihr Vorsitzender, Vizepremier Pavel Bělobrádek:

„In zivilisierten Ländern ist dies gang und gäbe. Und wir sehen keinen Grund dafür, dass ein Landwirtschaftsminister vor dem Amtsantritt seine Tätigkeit als Gewerbetreibender beenden muss, während der zweit- oder drittreichste Mann dieser Republik seine Geschäfte fortführen kann.“

Gemeint ist damit Finanzminister Andrej Babiš. Laut einem jüngst vom US-Magazin Forbes veröffentlichten weltweiten Ranking ist Babiš der zweitreichste Bürger Tschechiens. Er ist 100-prozentiger Besitzer des Konzerns Agrofert, der als drittgrößtes Unternehmen des Landes gilt.

Um den Kritikern zu begegnen, die ihm einen Interessenskonflikt prophezeiten, hatte Babiš vor zwei Jahren ein Versprechen abgegeben: Als Politiker werde er seine unternehmerische Tätigkeit ruhen lassen und auf seine Firma politisch keinen Einfluss nehmen. Deshalb verstehe er nicht, warum man ihm jetzt wieder Knüppel zwischen die Beine werfen wolle, sagte Babiš:

Jan Bartošek  (Foto: Archiv des Abgeordnetenhauses des Parlaments der Tschechischen Republik)
„Alle wussten von Anfang an, wer ich bin und über welches Eigentum ich verfüge. Bei den Koalitionsverhandlungen hatte daher auch niemand ein Problem damit. Deshalb ist mir unklar, worin das Problem jetzt liegt.“

Die Praxis aber hat es zu Tage gefördert. Eine Subfirma von Agrofert hat einen großen Staatauftrag im Forstwesen erhalten; die staatliche Förderung von Biokraftstoffen wird aufrechterhalten, die Kraftstoffe selbst werden vom Babiš-Konzern hergestellt. Diese Fakten haben die Kritiker schnell wieder auf den Plan gerufen. In der Debatte zum vorliegenden Gesetzentwurf sagte der christdemokratische Abgeordnete Jan Bartošek dann auch, dass Babiš seine Versprechen nicht gehalten habe. Und Vizepremier Bělobrádek erwähnte, dass mittlerweile noch andere Wirtschaftsmillionäre in die Politik drängen würden. Das sieht Premier und Sozialdemokraten-Chef Bohuslav Sobotka genauso:

„Die Zahl der Milliardäre, die in die Politik einsteigen, nimmt zu. Heute geht es nicht mehr nur um Andrej Babiš, aber ebenso um Herrn Valenta, und bei den nächsten Wahlen könnten weitere folgen. Ich denke, es ist wichtig, dass es klare und transparente Spielregeln gibt, damit offenkundig wird, dass Politik und Unternehmertum voneinander getrennt sein müssen. Und dass es nicht möglich ist, politische, wirtschaftliche und mediale Interessen zu vermischen.“

„Der Staat ist keine Firma,  er ist die Gemeinschaft der Menschen“  (Foto: Archiv ČSSD)
Andrej Babiš vermutet indes, dass hinter den Bestrebungen der Koalitionspartner, seine Machtfülle einzuschränken, bereits der begonnene Wahlkampf auf die in diesem Jahr anstehenden Regionalwahlen steht. Die Sozialdemokraten beispielsweise haben ihren Wahlkampf unter das Motto gestellt: „Der Staat ist keine Firma, er ist die Gemeinschaft der Menschen.“ Dieser Slogan aber ruft bei Babiš keinen Unmut hervor, im Gegenteil:

„Ich verstehe das so, der Slogan soll eine indirekte und ironische Anspielung auf meine Person sein. Das aber stört mich nicht.“