Komponistin und Dirigentin Vítězslava Kaprálová (1915-1940)
Ihr Leben war nur 25 Jahre lang. Trotzdem hat die Komponistin und Dirigentin Vítězslava Kaprálová rund fünfzig Werke hinterlassen und ist eine wichtige Vertreterin der tschechischen modernen Musik der Zwischenkriegszeit. In ihrem Nachlass finden sich Liederzyklen, Stücke für Soloinstrumente, kammermusikalische Werke und einige Stücke für Orchester. Kaprálová wurde vor hundert Jahren, am 24. Januar 1915, geboren.
Für die Prager Phase ist das zweite Orchesterwerk von großer Bedeutung, mit dem sie die Meisterschule absolvierte – die Militär-Sinfonietta, Op. 11. Im Herbst 1937 leitete die Dirigentin persönlich die Aufführung durch die Tschechische Philharmonie. Dabei stand sie als erste Frau überhaupt vor diesem Orchester. Ein Jahr später leitete sie die Aufführung der Sinfonietta durch das BBC Orchestra anlässlich der Eröffnung des Festivals der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik in London.
Im Herbst 1937 erhielt Kaprálová ein Stipendium, das den Gang an die École normale de musique de Paris ermöglichte. Dort studierte sie bei Charles Munch im Fach Dirigieren. Prägend wurde für sie in Paris allerdings der Privatunterricht bei Bohuslav Martinů, der damals schon dort lebte. Mit Martinů knüpfte sie eine enge künstlerische und auch private Beziehung an. Beide tauschten sich über ihre Kompositionen aus, Martinů korrigierte ihre Stücke und bot ihr seine Werke zur Bearbeitung. Ihr Liebesverhältnis fand auch in der gemeinsamen Arbeit an einem Liebeslied (Koleda milostná) Ausdruck. Die engste Zusammenarbeit verband die beiden Künstler beim Komponieren der Tre ricercari von Martinů und der Partite für ein Streicherorchester und Klavier von Kaprálová.
Den Sommer 1938 verbrachte Vítězslava Kaprálová im Ferienhaus ihrer Eltern in Tři Studně auf der Böhmisch-Mährischen Höhe. Das war ihr letzter Besuch in der Heimat. Im Januar 1939 ging sie zurück in die französische Hauptstadt.Im April 1940 heiratete Kaprálová den Schriftsteller Jiří Mucha, Sohn des Jugendstil-Malers Alfons Mucha. In jener Zeit zeigten sich aber erste Symptome einer schweren Krankheit. Um den deutschen Truppen zu entkommen, wurde sie von ihrem Mann nach Montpellier gebracht. Dort starb sie am 16. Juni 1940 höchstwahrscheinlich an Tuberkulose.